Überblick über die außerdeutschen und außereuropäischen Gebiete.
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Bereits 1901 erhielten in der Krankenversicherung etwa 10 Millionen Per¬
sonen runb 180 Millionen Mark, in der Unfallversicherung 1903 etwa 17% Mil¬
lionen Personen 117 Millionen Mark, in ber Invalidenversicherung 1903 etwa
13% Millionen Personen 127 Millionen Mark usw. Diese Zahlen sind seitdem
noch bedeutend gestiegen. Von 1885—1908 empfingen die Arbeiter rund 7 Mil¬
liarden, von denen sie selbst etwa 4 Milliarden aufgebracht hatten.
Auf Gruub dieser weitausgebehnten arbeiterfreunblichen Wirksamkeit
glaubte man bie Aufhebung des Sozialistengesetzes wagen zu können, 1890
zumal es feinen Zweck, bie Ausbreitung ber sozialbemokratischen Partei
zu berhinbem, boch nicht erfüllt hatte. So unterließ man nach bem Ablauf
bes Gesetzes (30. Sept.) feine Erneuerung.
Seit 1890 lag bie Leitung ber beutscheu Politik nicht mehr in ben
Hauben bes ersten Reichskanzlers. Unvereinbare Meinungsverfchiebenheiten
zwischen Kaiser unb Kanzler hatten ben Rücktritt Bismarcks herbeigeführt. 1890
Fortan weilte ber „Altreichskanzler" meist im füllen „Sachsenwalbe" (b. H. im mär$
Schlosse Friebrichsruh bei Hamburg) unb beobachtete von bort aus
ben Gang ber Ereignisse. Bis zu feinem Tobe blieb er ber „treue Ekkeharb" -f-1898
bes beutschen Volkes. In ber von ihm selbst gewählten Grabschrift nannte30-3ult
er sich einen „treuen, beutschen Diener Kaiser Wilhelms I."
An Bismarcks Stelle trat zunächst ber General Caprivi, bann (1894)
Fürst Hohenlohe (der ehemalige bayerische Ministerpräsident; vgl. S. 231).
Ihm folgte (1900) in der Kanzlerwürde Graf (bzw. Fürst) B ü l o w, 1909
v. Bethmann-Hollweg.
Überblick über die autzerdeutscheu und außereuropäischen Gebiete.
a) Osteuropa.
1. Österreich (mit gegenwärtig etwa 50 Millionen Bewohner) erhielt
burch ben Berliner Kongreß (S. 236) Bosnien unb bie Herze- 1878
gowina (zunächst in Verwaltung, feit 1908 als Besitz), also bas Hinter*
lanb zu feinem balmatinifchen Küstenstreifen; feitbern steht Österreich mit seit 1879
bem Deutschen Reich in einem engen Bunb.
Im Innern leidet die habsburgische Monarchie unter dem Nationalitäten¬
hader, der den Interessen des Reiches sehr schadet (vgl. S. 176 Anm.). Um
den Wünschen der verschiedenen Völkerschaften Gelegenheit zu geben sich zu
äußern, führte man das allgemeine Wahlrecht zum Reichsrat (der Volksver-1906
tretung Cisleithaniens) ein. Gleichzeitig wurde den Nationalitäten eine be¬
stimmte Anzahl von Abgeordneten gesichert, so den Deutschen 233, den Slaven
259, den Romanen (Italienern und Rumänen) 24. So bildet Österreich mit
seiner gemischten Bevölkerung gewissermaßen das politische Bindeglied zwischen
dem Germanentum, Slaventum und Romanentum.
2. Rußland (mit etwa 125 Millionen europäischer Bewohner), ber
ausgesprochen slavische Großstaat (vgl. S. 177), hat im 18. unb 19. Jahrh,
seine Macht in gewaltiger Weise über Norb- unb Mittelasien ausgebehnt.
Lorenz, Geschichte für Gymnasien III. 16