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über jene Steinpforte hinziehend und erst an ihrem Fußbe den 
Boden erfassend, so dab sie in der freien Luft zu wachsen 
eien. Ind doch haben sie sich zu jener gewaltigen Höhe 
emporgeschwungen, und, mit den umksammerten Steinen wie 
zusammengewachsen, stehen sie fester als ihre bequemen Kol- 
legen im Zahmen Forstboden des flachen Landes. So stehen 
eh im Leben jene groben Männer, die dureh das Uberwinden 
früher Hemmungen und Hindernisse sich erst recht gestärkt und 
befestigt haben. Auf den Zweigen der Tannen kletterten Eich- 
hörnohen, und unter ihnen spazierten die gelben Hirsche. 
2. Allerliebst schossen die goldenen Sonnenlichter dureh das 
diehte Tannengrün. Eine natürliche Treppe bildeten die Baum- 
acn. Uberall sehwellende Moosbänke, denn die Steine sind 
fußhoen von den schönsten Moosarten wie mit hellgrünen 
Samtpolstern bewachsen. Liebliche Kũhle und trãäumerisches 
Quessengemurmel. Hier und da sieht man, wie das Wasser 
ict den Steinen silberhell hinrieselt und die nackten Baum- 
ucelin und Fagern bespült. Venn man sich nach diesem 
Treiben hinabbeugt, so belauscht man gleiehsam die geheime 
Budungsgeschichtẽ der Pflanzen und das ruhige Herzklopfen 
des Berges. An manehen Orten sprudelt das Vasser aus den 
Sainen id WVauregeln starker hervor und bildet kleine VWasser- 
fulse Da sabit viehb's gut sitzen. Es murmelt und rauscht so 
Vunderbar, die Võgel singen abgebrochene Sehnsuchtslaute, die 
Paume sustern wie mit tausend Zungen; wie mit tausend Augen 
Thauen uns an die seltsamen Bergblumen; sie sstrecken nach 
us dio vundersam breiten, drollig gezackten Blãtter; spielend 
immern hin und her die lustigen Sonnenstrahlen; die sinnigen 
Rrusein crzahlen siech grüne Märchen: es ist alles wie ver- 
Zubert, es wird immer heimlicher und heimlicher. — — 
3. Je höher man den Berg hinaufsteigt, desto kürzer, zwerg- 
haftes Verden die Tannen; sie scheinen immer mehr und mehr 
ammenzuschrumpfen, bis nur Heidelbeer- und Rotbeerstrãu⸗ 
cher und Bergkräuter übrigbleiben. Da wird es aueh schon 
ilbar ilioee Die wunderlichen Gruppen der Granitblõöcke 
erden hier erst recht sichtbar; sie sind oft von erstaunlicher 
Gröbe. Das mögen wohl die Spielbälle sein, welehe die bösen 
Gelcicr cnandert puwerfen in der Valpurgisnacht, venn hier 
qic Hen auf Pesenstielen und Mistgabeln einhergeritten kommen. 
In der Tat, venn man die obere Hälfte des Brockens besteigt, 
ann man gieh nieht erwehren, an die ergötzlichen Blocks- 
berggeschiehten zu denken. 
Es ist ein ãuberst erschöpfender Veg, und ieh var froh, 
als ich endlion das sangersehnte Brockenhaus zu Gesicht bekam. 
Heinrich Heine. (Sämtliche Werle.)
	        
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