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fremdem Lande halten. Freilich hatte er bei den Löhnungen und
Anwerbungen mit seinem eigenen Gelde das Beste thun müssen. Aber
er hoffte immer noch auf das Hülfsheer seines Bruders Hasdrubal
aus Spanien. Und wirklich, im I. 207 traf dasselbe in Oberita¬
lien ein. Aber die Botschaft des Bruders an den Hannibal fiel
den Römern in die Hände, sie schickten ihm ein tüchtiges Heer ent¬
gegen, schlugen und vernichteten ihn gänzlich, von 60,000 sielen
56,000! Und nun hatte der römische Feldherr die Grausamkeit,
den Kopf des erschlagenen Hasdrubal vor dem Lager des Bruders
an ein Kreuz schlagen und durch Gefangene den Sieg melden zu
lassen. Erschüttert rief Hannibal aus: „Nun weiß ich des Krie¬
ges Ausgang!" Er konnte sich nur noch vertheidigen.
Wie es ihm hier in Italien ging, so war es gleichzeitig den
Karthagern in Spanien gegangen. Seit 210 war dahin ein rö¬
mischer Feldherr geschickt, der allein zu jener Zeit würdig war, mit
dem Hannibal verglichen zu werden: Publius Cornelius
Scipio der Afrikaner, der Sohn des vorhin erwähnten. Alles,
was einen Feldherrn nicht bloß, sondern auch einen Staatsmann
groß macht, Schönheit, hoher Stand, Tapferkeit, Muth, Reinheit
der Sitten, Leutseligkeit, große Beredtsamkeit, Klugheit und vor
Allem ein herzgewinnendes freundliches und liebenswürdiges Wesen,
das fand sich bei ihm vereinigt. Daß ihm auch das Kriegsglück
nicht abging, hatte er in Spanien bewiesen. Bis zum I. 206
waren die Karthager gänzlich aus Spanien vertrieben. Nun galt
es, sie in ihrem eigenen Lande anzugreifen. Aber auch Scipio hatte
in Rom mit einer gegnerischen Partei zu kämpfen. Man sandte
ihn wohl nach Sicilien, gab ihm auch die Erlaubniß, allenfalls nach
Afrika zu gehen; allein ein Heer verweigerte man. Er ging doch
nach Sicilien, warb auf eigene Hand ein Heer, bekam von den
Bundesgenossen Schiffe und Mannschaften und bereitete den Zug
nach Afrika vor. Im I. 204 setzte er über, schlug die Punier in
mehreren Treffen und griff Karthago selbst all. Da riefen die Kar¬
thager den Hannibal aus Italien zurück. Schmerzlich blickte der
Held auf das Land seiner Siege. Die Römer hatten ihn nicht über¬
winden können, der Neid seiner Landsleute schlug ihn zu Boden.
Er gehorchte. Kaum war er gelandet, so strömten von allen Sei¬