I
— 2 —
Erstlich muß diese Lehrweise schon des Erfolges halber der Ein¬
bildungskraft und dem moralischen Vermögen der Lernenden
ebenso Anregungen bieten, als die in Biographien und die in Geschichten
und Geschichtsbildern entwickelte Darstellung. Sodann aber pflegt
sie andauernd die Uebung und Ausbildung des Urteils und
Schlußvermögens. Sowohl hiedurch, als weil sie beharrenden Ge¬
sichtspunkten und Bestrebungen der geschichtlichen Faktoren vergleichend
nachgehen heißt, bringt sie dem einen Hauptziele des Geschichtsunter¬
richts wesentlich näher, daß nämlich der Geschulte ein unabhängiges und
objektives Urteil auch über die geschichtlichen Verhältnisse der Gegenwart
(ihre Wirklichkeit und ihre Tragweite) sich zu bilden vermöge. Das
andere Hauptziel aber, daß auch die Gesinnung mit erhebenden
Ideen erfüllt, oder doch für sie empfänglich werde, wird immerhin
am ehesten von einer Methode erreicht werden, welche den Kausalnexus
der historischen Entwicklung des Völker-, resp. des deutschen Lebens unter
ortgehender ausdrücklicher Beachtung der treibenden oder beherrschenden
Ideen erfassen lehrt.
Zum Erweise nun, daß uud wie weit auch jüngere Schüler (im
Alter von 14—16 Jahren) hiebei unseren intellektuellen Anforderungen
nachkommen, geben wir als Anhang des Büchleins einige nur wenig ver¬
ändert aus der Hand des Schülers hervorgegangene Bearbeitungen, teils
der Entwicklung einer Gesamtthatsache, teils von Abschnitten eines behar¬
renden bestimmten Gesichtspunktes.
Solche Gesichtspunkte, die überdies auch in den Fragen durch die
Schrift angedeutet werden, sind namentlich bis zum Reformationszeit¬
alter das Verhältnis der königlichen Gewalt zur Fürstenmacht, das des
Kaisers zum Papst und das zu Italien, die Kämpfe mit den Slaven,
wie die Verschiebungen der Reichsgrenzen überhaupt und die Ausbildung
der deutschen Territorialmächte. Späterhin fallen sie großenteils weg,
und zum teil sind sie modifiziert.
Mit letzterer Angabe nun reden wir bereits auch von der wesent¬
lichsten Veränderung dieser 2. Auflage, welche in deren Erweiterung
durch den vom Jahre 1648 bis 1885 reichenden Abschnitt besteht.
Diese Ergänzung haben wir auf das Verlangen von Rezensionen und
Freunden des Büchleins vorgenommen. Wir hatten diese Zeit früher
nicht mit behandelt, weil ihr historischer Stoff viel einfacher in seinem
Zusammenhang und darum das Bedürfnis nach verdeutlichender Dis-
ponierung in Frage und Antwort geringer ist. Sind ja in demselben
allzuwenig große Ideen als einander bekämpfende Faktoren wirksam,