Full text: Geschichte des Mittelalters (Band 2)

Heinrich IV. — Vormundschastliche Regierung. 
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Heinrich IV. 1056—1106 
Pormundschaflkiäie Legierung 1056—1065. 
Heinrich IV. folgte seinem Vater als sechsjähriges Kind. Es 
war deshalb eine vormundschastliche Regierung nötig, welche die 
Kaiserin-Witwe Agnes übernahm. Weichen Gemütes und mehr zu 
frommer Entsagung als zu gebieterischer Festigkeit neigend, suchte 
sie für sich und ihren Sohn treue Stützen zu gewinnen, indem 
sie die erledigten süddeutschen Herzogtümer vergab. Aber hiebei 
bewies sie keinen Scharfblick; denn Rudolf von Rheinfelden, den 
sie zum Herzog von Schwaben erhob, und Otto von Nordheim, 
ein sächsischer Großer, dem sie das Herzogtum Bayern verlieh, 
wurden in der Folge gerade die gefährlichsten Gegner ihres Sohnes 
in Deutschland. — Bei der Schwäche der Kaiserin beschloß der Erz¬ 
bischof Anno von Köln, das Regiment an sich zu bringen. Er 
verband sich zu diesem Zwecke mit dem eben zum Bayernherzog er¬ 
hobenen Otto von Nordheim. Als die Kaiserin mit ihrem Sohne 
(1062) in der Pfalz zu Kaiserswert (nördlich von Köln) verweilte, 
kamen die Verschworenen dahin, wurden ehrenvoll ausgenommen 
und zur Tafel gezogen. Nach dem Mahle lud der Erzbischof den 
jungen König zur Besichtigung seines Schiffes ein und entführte 
denselben nach Köln. Agnes zog sich, der weltlichen Händel müde, 
bald darauf in ein Kloster zurück; sie starb später in Rom. Anno traf, 
um die übrigen Bischöfe nicht gegen sich auszubringen, die Bestimmung, 
daß immer derjenige Bischof, in dessen Gebiet der junge König sei, 
die vormundschastliche Regierung zu führen und für Heinrichs Er¬ 
ziehung zu forgen habe. Zunächst aber blieb dieser in der Obhut 
Annos, neben dem sich jedoch bald Adalbert von Bremen Teilnahme 
an der Regierung verschaffte. Beide Erzbischöfe waren verschieden 
geartete Männer. Anno, eine nüchterne und ernste Natur, erzog 
den Knaben mit Strenge und strebte im Einverständnis mit 
seinen Gesinnungsgenossen unter den Fürsten darnach, daß sich 
in der Denkart des jungen Heinrich keine zu hohe Auffassung der 
kömglichen Gewalt bilde. Adalbert arbeitete darauf hin, sein Erz¬ 
bistum zu einem Patriarchat für den ganzen Norden Europas zu 
erheben, und war bestrebt, noch ehe dies verwirklicht war, die Be¬ 
deutung seiner Kirche wie _ seines Stifts durch Entfaltung eines 
blendenden Prunkes zu zeigen. In seiner Prachtliebe überhaupt 
sehr zum Weltlichen neigend, war Adalbert ein entschiedener Anhänger 
jenes Kaisertums, das unbedingt über den Gewalten der Fürsten stand. 
In demselben Maße, in dem sich Heinrich von dem strengen 
Anno abgestoßen fühlte, zog es ihn zu dem geschmeidigen Adalbert, 
der seinerseits die Zuneigung des jungen Königs mit zu weit gehender 
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Kaiserswert 
1062. 
'Stixito von 
Köln. 
Adalbert von 
Bremen. 
J
	        
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