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Fünfte Periode, 31 v. Chr. — 476 n. Chr.
durch Anlegung des Drususgrabens einen Wasserweg vom Rhein
in den Zuydersee, um auf demselben mit geringerer Beschwerde
durch den Zuydersee in die Nordsee und dann in das innere
Deutschland gelangen zu können; wahrscheinlich wurde auch von
ihm und in dieser Zeit das Bündniss mit den um den Zuydersee
herum wohnenden Friesen abgeschlossen, welches wir von da an
bestehend finden und ohne welches er den Kanal weder hätte
anlegen noch benutzen können; auch mit den weiter östlich zwi¬
schen Weser und Elbe an der Küste wohnenden Chauken wurde
in dieser Zeit ein Bündniss geschlossen. Auf jenem Wasserwege
führte er darauf im J. 12, nachdem er vorher einen neuen Einfall
der Sygambrer zurückgeschlagen und durch Plünderung und Ver¬
wüstung ihres Gebiets bestraft hatte, sein Heer nach der Mün¬
dung der Ems und in die Ems selbst, auf der er den Bructerern
eine siegreiche Schlacht lieferte. Im J. 11 machte er einen Zug
zu Lande, auf dem er bis zur Weser (wahrscheinlich in der
Gegend von Corvey) vordrang; auf dem Rückwege wurde er in
den Waldgebirgen in der Gegend der Quellen der Lippe von dem
vereinigten Heere der Sygambrer, Chatten und Cherusker in einei
Schlucht eingeschlossen, es gelang ihm jedoch, die sorglosen,
ihres Sieges gewissen Feinde zu überfallen und so die Gefahr,
in der er sich befand, in einen grossen Sieg zu verwandeln. Den
Rest des J. 11 und das J. 10 verwandte er dazu, jenseits des
Rheins Befestigungen anzulegen, welche als Stützpunkte für wei¬
tere Eroberungen dienen sollten, u. A. auch das wahrscheinlich
in der Gegend von Lippstadt gelegene, von nun an öfter in der
Geschichte erwähnte Castell Aliso. Im J. 9 unternahm er abei
von Mainz aus wieder einen grossen Zug zu Lande, auf dem er
bis an die Elbe gelangte, wo er, wie es heisst, am weiteien Vor¬
dringen nur durch eine göttliche Erscheinung verhindert wurde;
auf dem Rückzüge aber wurde er zwischen Elbe und Saale durch
einen Sturz mit dem Pferde schwer verletzt und staib in Folge
davon, noch ehe er den Rhein erreichte.
Hiermit war zwar dem Kriege die lebendige, kühne Trieb¬
kraft des jungen Helden (er erreichte nicht völlig das 30. Lebens¬
jahr) entzogen; indessen wurden doch die von ihm gewonnenen
Resultate zunächst festgehalten. Wir hören noch, dass im J. 8
Augustus und Tiberius zusammen einen Einfall in das deutsche