Full text: Römische Geschichte in kürzerer Fassung

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Erste Periode, 753—510 v. Chr. 
des nahenden Untergangs. Eine Schlange, die plötzlich aus einer 
hölzernen Säule hervorbrach, verbreitete in der königlichen Burg 
Furcht und Schrecken und erfüllte den König selbst mit schwerer 
Besorgniss. Er schickte deshalb seine beiden Söhne Titus und 
Aruns an das Orakel zu Delphi, um von dem Gotte die Mittel 
zur Abwendung des drohenden Vorzeichens zu erkunden. In ihrer 
Begleitung befand sich auch ihr Vetter. der Schwestersohn des 
Königs, L. Junius Brutus, der, um sich vor der Grausamkeit 
des Königs zu retten, sich blödsinnig gestellt hatte (daher 
auch sein Beiname Brutus), der aber bei dieser Gelegenheit die 
erste Probe seiner verhüllten Klugheit ablegte. Er fügte zu den 
kostbaren Geschenken, die seine Vettern dem Gotte darbrachten, 
einen gemeinen Stab, der aber ausgehöhlt und mit Gold gefüllt 
war, und nachdem das Orakel demjenigen die Herrschaft ver¬ 
sprochen hatte, der zuerst die Mutter küssen würde, so zog er 
die Erfüllung dieses Ausspruchs dadurch auf sich, dass er bei der 
Rückkehr nach Italien die Erde als die gemeinsame Mutter aller 
Menschen küsste. Auch diese Gesandtschaft konnte aber den 
drohenden Untergang des königlichen Hauses nicht abwenden. 
Der König hatte auch Ardea. eine an der Küste gelegene Stadt 
der Rutuler, mit Krieg überzogen. Es war nicht gelungen, die 
Stadt im ersten Anlauf durch Sturm zu nehmen: man war also 
genöthigt sie zu belagern. Während der langen Weile der Be¬ 
lagerung entstand bei einem Gastmale der königlichen Söhne, 
dem auch ihr Vetter Collatinus, der Sohn jenes Egerius, dem 
Tarquinius Priscus die Herrschaft über Collatia übertragen hatte, 
beiwohnte, ein Streit darüber, wer die tugendhafteste Gemahlin 
habe. Man beschloss, um sich durch den Augenschein zu über¬ 
zeugen, die Frauen zu überraschen. Man eilte also sofort nach 
Rom und nach Collatia und fand dort die Frauen der Söhne des 
Tarquinius beim schwelgerischen Mahle, die Gemahlin des Colla¬ 
tinus Lucretia aber mitten unter ihren Mägden sitzend und mit 
Spinnen und Weben beschäftigt, so dass ihr der Preis der Tugend 
unzweifelhaft zufiel. Dieser Besuch war es, der den Anlass zu 
der letzten entscheidenden Schandthat der Tarquinier gab. Sextus 
Tarquinius, derselbe Sohn, welcher Gabii verrathen hatte, kehrte, 
von der Schönheit der Lucretia gereizt, bald nach Collatia zurück 
und that ihr unter Androhung des Todes und der schimpflichsten
	        
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