51
sein Glück zu finden. Endlich kehrte er nach Deutschland zurüek
und geriet in Frankfurt am Main unter die Werber, welehe ihn
überredeten, kaiserliche Dienste zu nehmen, und ihn nach Wien
transportierten. Da er aber schwächlich und fast bestãndig krank
war, so liess man ihn nach einigen Jahren vieder laufen, wohin
er wollte. Fast nackt und bloss kam er nach Sachsen, um daselbst
wieder Arbeit zu suchen; allein da ihn in seinem elenden Anzuge
niemand zur Arbeit annehmen wollte, s0 mulste er endlich bettela.
Pines Abends spät sprach er in einem Dorfe (es war gerade
an einem Sonnabende) bei einer Schmiede auch um einen Zehr-
pfennig an. Da dünkte den Meister, welcher mit vier Gesellen vor
der Esse arbeitete, dass dis Stimme des Ansprechenden ihm sehr
bekannt sei. Er nabm die Hängelampe in die Hand, schaute dem
Boettler ins Gesicht, und — „Jo Bruder, bist du's, oder bist du's
nicht?“ riefen beide fast zu gleicher Zeit; und in der That waren
es die beiden Kameraden, die seit der Trennung in Warschau nichts
mehr voneinander gehört hatten. Der Schmied, weleher unterdessen
in dieser Schmiede in Arbeit gestanden und durch die Heirat
mit der Witwe, der sie gehörte, reich geworden war, war ganz
ausser sioeh vor Freuden. Er herzte und Lüsste den Schneider und
schämte sich seiner nicht, obgleich er ein zerlumpter Bettler war.
Er führte ihn mit lautem Jubel in seine Stube, drückte ihn in den
Grossvaterstuhl am Ofen nieder, sprang auf einem Beine wie ein
Knabe, und alle seine Hausgenossen sperrten vor Verwunderung
dĩs Augen weit auf. „Lene!“ sprach er zu seiner Frau, „geschwind
springe hinauf und hole ein feines Hemd und meinen Sonntags-
staat herunter, dalss der gute Freund da sich anders ankleiden
kann!l“ Der Schneider wollte allerlei dagegen einwenden; aber
der Meister hielt ihm den Mund zu und gagte: „Schweig und
sprich mir kein Wort dagegen! Du hast's wobl um mich verdient,
dass ich mein bisschen Hab und Gut mit dir teile.“ Es half nichts,
der Schneider musste sich putzen und aus einer langen Pfeife
rauchen. Der Meister gebot ihm, sich gerade so zu pflegen, als ob
er in seinem eigenen Hause wäre, und nachdem er in möglichster
Eile sein Tagewerk vollends geendet hatte, setzte er sich mit ilim
zu Tische und liess alle seine Leute hereinkommen, dass sie den
Fremden nun recht genau ansehen mussten. Dabei erzählte er
ihnen dann, wer der Fremde eigentlich sei. und was es mit ihrer
beiderseitigen Freundschaft für eine Bewandtnis habe. Da hatten
alle eine herzliche Preude über den Ankömmling, besonders die
Fraus vom Hause, die ihren Mann sehr liebt und oft dem