Full text: Abriss der Geschichte für höhere Knaben- und Mädchenschulen

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Gneisenau, welche, obgleich der Frieden Preußen eine Armee 
von nur 42000 Mann gestattete, durch Einführung der all¬ 
gemeinen Wehrpflicht und das sogenannte Krümpersystem 
es dahin brachten, daß im Falle der Not 150000 wohlgediente 
Soldaten dem Vaterlande zu Gebote standen. 
Ein wunder Fleck waren auch die Finanzen. Durch den 
unglücklichen Krieg, durch fast unerschwingliche Contributionen, 
durch die anspruchsvolle Verpflegung zahlreicher französischer 
Truppen selbst während der folgenden Friedensjahre, durch die 
Sorge um die dielen stellenlosen Beamten, endlich durch die Ver¬ 
nichtung des Handels war das Land an den Rand des Abgrunds 
gebracht; bessere Zustände zu schaffen, reichte bloße Sparsamkeit, 
worin die königliche Familie mit nachahmenswerthem Beispiel und 
rührender Selbstentäußerung vorangieng, nicht aus; es mußte die 
Steuerfreiheit der sich sträubenden Privilegierten aufgehoben, zum 
Verkaufe geistlicher Güter und Domainen geschritten, der Kurs 
des Papiergeldes zwangsweise festgesetzt, die Steuerkraft der 
Nation im allgemeinen erhöht werden, was diese als Gegen¬ 
leistung für die gewährte Selbstverwaltung, für die größere Sicher¬ 
heit des Besitzes und die zugestandene freiere Verfügung der Ein¬ 
zelnen über ihr Vermögen sowie in der Hoffnung auf eine bessere 
Zukunft sich willig gefallen ließ. 
Daß bei allen diesen Nöten die Pflege geistiger Güter nicht 
versäumt, im Gegentheil eine Universität in der Hauptstadt 
gegründet wurde (1810), an der ein Fichte und Schleier¬ 
macher in nationalem und echt christlichem Geiste wirkten, muß 
als große That rühmend hervorgehoben werden. Mitten in diese 
Zeit der Wiedergeburt fiel, wie wenn der Opfer noch nicht genug 
gebracht wären, der Tod der edeln Königin Luise 
(19. Juni 1810). Er beugte nicht blos den Gatten, dem sie 
im Unglück Trost und Rat gespendet, er schmerzte das ganze 
Volk, und durch das Gefühl, daß das Weh des Vaterlandes ihr 
Herz frühzeitig gebrochen, entflammte er bei Hoch und Gering 
den heißen Wunsch die Schmach an dem Urheber desselben zu 
rächen und die politische Größe, das Erbtheil Friedrichs des 
Großen, wieder zu erringen.
	        
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