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die Nation um ihre Freiheit betrogen und wies nun, um den Verlust
derselben durch kriegerischen Ruhm zu ersetzen, mit der Türkei und Eng¬
land verbündet im Krimkri ege Rußlands Uebergriffe zurück (1853—
1856). Drei Jahre später nahm er im lombardischen Kriege die
längst geplante Rache an Oesterreich (Magenta und Solserino) und
unterstützte durch Uebergabe der Lombardei an Viktor Emannel von
Sardinien den letztem wesentlich in seinem Bestreben ganz Italien zu
einigen, was ihm denn auch im Lause eines Jahrzehnts gelang. Zum
raschen Frieden mit Oesterreich bewog den französischen Kaiser die dro¬
hende Haltung Preußens, an dessen Spitze seit der schweren Erkrankung
des Königs sein ältester Bruder als Prinzregent stand.
§ 51. Der zweite große Kampf zwischen Preußen
und Oesterreich.
Am 2. Januar 1861 starb Friedrich Wilhelm IV., die Krone in
den bewährten Händen Wilhelms I. zurücklassend. Während jenseits
des atlantischen Oeeans ein blutiger Krieg die Vereinigten Staaten
Nordamerikas zerfleischte, in Italien das Haus Savoyen durch Annexionen
immer mehr die Ideen des Einheitsstaates verwirklichte, im Osten
der milde Zar Alexander II. Rußland durch Aushebung der Leibeigen¬
schaft zu regenerieren suchte, begann König Wilhelm seine selbständige
Regierung mit der Reorganisation seines Heeres, welche Maßregel, da
sie mit schweren Geldopsern verknüpft war, den heftigen Widerstand der
Volksvertretung hervorrief. Doch setzte er sie mit Hülfe feiner ener¬
gischen Minister Bismarck und Roon im wesentlichen durch, ohne selbst
den zeitweiligen Verlust seiner Popularität zu scheuen.
Ihre Trefflichkeit bewährte sich zuerst in einem kleineren Kriege,
den Preußen ein Oesterreichs Seite gegen Dänemark führte. Hier hatte
Christian IX. den Thron bestiegen und Schleswigs Einverleibung in
den dänischen Gesammtstaat trotz des Protestes des Bundestages und
der Bestimmungen des früheren Friedens aufrecht erhalten. Darauf
besetzten Sachsen und Hannoveraner Holstein, wo dem Augnstenburger
Prinzen Friedrich allgemein als Herzog gehuldigt wurde. Dem un¬
geachtet verstand sich auch jetzt der dänische König noch nicht dazu das
Londoner Protokoll zur Richtschuur seines Verfahrens zu machen, so
daß die deutschen Großmächte sich bewogen fühlten ihm den Krieg zu
erklären. Nach dem Uebergang über die Schley und einigen von den
Oesterreichern gewonnenen Gefechten stürmte Prinz Friedrich Karl die
Düppeler Schanzen (18. Apr. 1864). Eine zum Behuf der Friedens¬
stiftung nach London berufene Conferenz verlief erfolglos; erst nachdem
im zweiten Abschnitte des Krieges Alsen erobert und ganz Jütland