Full text: Das Altertum (Band 1)

Manlius Torquatus. Valerius Corvus. 181 
TI. Die Vollendung der Herrschaft Roms über Italien 
(360-290 v. Chr.). 
1. Titus Manlius. Marcus Valerius. M. Lurtius. 
Als durch Zulassung der Plebejer zum Konsulate die Ein¬ 
tracht im Innern hergestellt war, konnten sich die Römer mit 
um so größerer Kraft nach Außen wenden. Auch suchte in den 
folgenden Jahrzehnten ein Stand dem andern es an Tugend und 
namentlich an kriegerischer Tapferkeit vorzuthun, so daß eine wahre 
Heldenze it entstand, die bis zum zweiten punischen Krieg währte. 
Zunächst erprobte sich Roms Mannheit in einer Fehde mit 
den Galliern, welche in Streifzügen wiederholt Mittelitalien heim¬ 
suchten. Im Jahre 361 forderte ein riesenmäßiger Gallier einen 
römischen Ritter öffentlich zum Zweikamps heraus. Anfangs wagte 
kein Römer die Herausforderung anzunehmen. Endlich fand sich 
Titus Manlius (des Manlius Kapitolinus Sohn) dazu 
bereit. Mit Erlaubnis des Dictators ging er auf den stolzen 
Gallier los, und der Kampf begann im Angesichte beider Heere. 
Der Gallier hieb zuerst nach Manlius, aber dieser wich seinen 
Schwertstreichen aus, hob behende des Gegners Schild in die 
Höhe und durchbohrte ihm mit seinem kleinen Schwerte die Weichen, 
daß er tot niedersiel. Manlius nahm dem erlegten Feinde die 
goldene Halskette (torques) ab unb bekam davon den Namen 
Torquätus. Die Gallier aber wurden durch diesen Erfolg so 
mutlos gemacht, daß sie in der folgenden Nacht das Lager ver¬ 
ließen und nach Eampanien gingen. 
Ein ganz ähnlicher Vorfall ereignete sich bei einem späteren 
Einbrüche der Gallier in das römische Gebiet. Beide Heere 
hatten sich in einer sehr sumpfigen Gegend gelagert und keins 
■wollte das andere angreifen. Auch hier trat ein gallischer Krie¬ 
ger auf und forderte den tapfersten Römer zum Zweikampf auf. 
Marcus Valerius nahm ihn an und stritt, wie es heißt, 
unter dem Schutze der Götter. Denn gleich beim Anfang des 
Kampfes setzte sich ein Rabe auf den Helm des Valerius, der 
“dies für eine gute Vorbedeutung ansah. Während des Kampfes 
"blendete der Rabe den Gallier durch seinen Flügelschlag und 
hackte nach ihm mit seinen Krallen. Dadurch wurde dieser so 
außer Fassung gebracht, baß ihn der Römer mit leichter Mühe 
überwand. Um ben Körper bes getöteten Galliers entstaub nun eilt 
neuer Kampf zwischen ben beiben Heeren, in welchem bie Gallier 
geschlagen würben. Valerius aber erhielt von biesent Vorfall 
Den Beinamen Eorvus (Rabe).
	        
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