Full text: Das Altertum (Band 1)

74 Griechenland. Ödipus. Sphinx. 
auf sich laden würde. Korinth für feine Vaterstadt haltend, 
wollte er diesem Verhängnis ausweichen und begab sich nach 
Theben. Unterwegs begegnete er einem Wagen, in welchem sein 
wirklicher Vater Lajos saß. Der Lenker will den Wanderer aus 
dem Wege drängen und da keiner ausweichen will, geraten sie 
in Streit. Ödipus schlug im Zorne nach seinem Vater und 
tötete ihn. Er wanderte nun weiter und kam nach Theben. Hier 
aber war große Not; auf einem Felsen in der Nähe der Stadt 
hauste eine Sphinr, ein Ungeheuer mit geflügeltem Löwen- 
rumpf, aber mit Kopf und Brust einer Jungfrau, das jedem 
Vorübergehenden ein Rätsel aufgab: „Was hat eine Stimme 
und geht am Morgen eins vier, am Mittag ans zwei, am Abend 
auf drei Fußend" Alle, die es nicht .lösten, tötete sie. Die 
Thebaner hatten in ihrer Not demjenigen, der das Rätsel er¬ 
rate, die erledigte Herrschaft und die Hand der Derroinweten 
Königin Jokäste als Preis versprochen. Als nun Ödipus heran¬ 
kam und ihm die Sphinx ihre Frage vorlegte, riet er sogleich, 
daß der Mensch gemeint sei, worauf das Ungeheuer sich iu den 
Abgruud stürzte. So wurde Ödipus König von Theben und 
Gemahl seiner Mutter Jokaste. — Viele Jahre lebte das Königs¬ 
paar ahnungslos im Wohlergehen, zwei Söhne und zwei Töchter 
wuchsen ihnen heran. Aber endlich wurden durch einen Mann, 
der bei der Ermordung des Lajos zugegen gewesen war, die 
verborgenen Greuel ans Licht gebracht. Jokaste erhängte sich, 
Ödipus stach sich die Augen aus und wurde von den eigenen 
Söhnen, Eteökles und Polyneikes, in die Verbannung ge¬ 
trieben. Den unnatürlichen Söhnen fluchend, verließ er an der 
Hand feiner treuen Tochter Antigone Theben und fand nach 
langem Wandern eine Zufluchtsstätte in Athen. Der Fluch 
des Vaters erfüllte sich bald. Die beiden Brüder gerieten über 
das Erbe in Streit, und Polyneikes mußte aus Theben fliehen. 
Er ging zu Ad rastos, dem Herrscher von Argos, der ihn 
mit bewaffneter Hand in die Heimat zurückzuführen versprach. 
Sieben Helden nahmen an dem Kriegszuge wider Theben 
Teil, vermochten aber nichts gegen die starkbefestigte Stadt aus¬ 
zurichten. Da beschlossen die feindlichen Brüder, den Streit 
durch einen Zweikampf zu entscheiden. Sie stürmten auf einander 
ein, und Einer fiel von der Hand des Andern. Als auch noch 
die übrigen Helden, mir Ausnahme Andrast's, gefallen waren, 
hob man die Belagerung auf. Zehn Jahre später erneuerten die 
Söhne der Gefallenen, die Epigonen (Nachkömmlinge), den 
Kampf und eroberten Theben für Ther sandros, des Poly¬ 
neikes Sohn.
	        
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