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mal es nicht geraten ist, etwas wider das Gewissen zu tun. Hier stehe ich,
ich kann nicht anders. Gott helfe mir! Amen."
Hatte Luthers Rede auf seine deutschen Landsleute — nicht nur
seine Freunde — einen tiefen Eindruck gemacht, so ging sie an dem Kaiser
und seiner spanischen Umgebung spurlos vorüber. Daher wurde es bem
päpstlichen Legaten Aleanber leicht, ben Kaiser zu einem Schritte gegen
Luther zu bewegen, zumal ber Kaiser bes Papstes Hilfe zum Kriege gegen
Frankreich wünschte. An bemselben Tage, an bem bieses Bünbnis zustanbe
kam, unterzeichnete ber Kaiser bas „Wormser Ebikt", bas ber päpstlichen
Bannbulle eine in scharfen Ausbrücken verfaßte Achtserklärung hinzufügte.
S. d. Edikt in Lambecks „Quellensaminlung" I, 10a, 6. 7 ff., und bei
Runkel, Quellenbuch z. Kirchengesch. II, S. 46 ff.
Methodisches:
Gesichtspunkte zur Behandlung des Quellenstückes:
1. Der Kaiser ist der Schirmherr der Christenheit.
2. Des Papstes Begehr, daß der Kaiser die weltliche Gewalt gegen
Luther anwende.
3. Verurteilung Luthers ohne Prüfung seiner Gründe.
4. Verunglimpfung der Persönlichkeit Luthers.
5. Luthers Ketzerei gehe auf ältere zurück.
6. Hauptgrund seiner Verurteilung seine „unverschämte Verspottung,
Verdammung, Schmähung und Verachtung der Konzilien".
Doch Luther war in Sicherheit; auf seiner Heimreise ließ ihn sein
Lanbesherr Friebrich ber Weise in aller Heimlichkeit aufheben unb nach
der Wartburg bringen, wo er in der Verkleidung eines „Junker Jörg"
sichere Zuflucht genoß.
So zeigte sich bereits in ben ersten Anfängen ber Reformation,
daß bas beutfche Fürstentum berufen war, ber Schützer bes neuen Geistes
zu fein gegen bie mittelalterlichen Mächte bes Papsttums unb bes —
jetzt in unbeutfcher Hanb ruhenben — Kaisertums.
d) Luther unb Deutschland
Anstatt baß bie religiöse Bewegung burch bie Bannbulle unb bie
Reichsacht gebämpft wäre, begann sie gerabe jetzt sich immer mehr in
Deutschlanb auszubreiten; bas ganze Volk würbe von ihr erfaßt.
Leiber war sie gleich in ihren Anfängen bebroht von einer inneren
Schwierigkeit, ber jeboch glücklicherweise Luthers kraftvolle Persönlichkeit
schnell Herr würbe. In Wittenberg entstaub unter Karistabts Führung
eine rabikale Bewegung, bie ber Bilb erstürmet, bie nicht nur bie Messe
unb ben Zölibat ber Priester abschaffen unb bas Abenbmahl nur unter
betberiet Gestalt ausgeteilt haben wollte, sonbern auch gegen alle äußeren
Beigaben bes katholischen Gottesbienstes, ben Bilber- unb Reliquien*
bienst, gewalttätig vorging. Luther erkannte bie Gefahr für ben ruhigen
Fortgang seines Werkes, unb ungeachtet ber persönlichen Gefahr für ihn
selbst, eilte er — inbem er seinen für ihn fürchtenben Lanbesherrn in Worten
voll mächtigen Gottvertrauens von ber Pflicht, ihn zu schützen, entbanb —