216 Parzival.
ihm im Walde einige Ritter begegnen in glänzenden Rüstungen
und ihm den Rat erteilen, sich an Artus' Hof zu begeben. Es
ergreift ihn ein so mächtiges Verlangen, selbst Ritter zu werden,
daß ihn die Bitten seiner Mutter nicht mehr zurückzuhalten ver¬
mögen. Umsonst legt sie ihm Narrenkleider an nnd giebt ihm
verkehrte Lehren auf den Weg, in der Hoffnung, ihm so die
Fahrt zu verleiden und ihn zur Rückkehr zu bewegen. Nach
mancherlei Abenteuern kommt er an den Hof des Königs Artus,
der damals zu Nantes residierte. Seine Thaten verschaffen ihm
bald die Aufnahme unter die Ritter der Tafelrunde. Als solcher
zieht er auf Kamps und Abenteuer aus, vermählt sich mit Gon-
duiramur, deren Schloß er siegreich von den Belagerern be¬
freit, und kommt endlich zur Burg des heil. Gral, wo gerade
der kranke, durch eine vergiftete Lanze verwundete König Um¬
so rta s, Parzivals Oheim, seiner Befreiung entgegenharrt. Diese
sollte erfolgen, sobald ein fremder Ritter unaufgefordert nach
des Königs Leiden und den Wundern des Schlosses frage. Par-
Zival, dem früher ein greiser Ritter Guruemanz, welcher ihn
in höfischer Sitte unterwiesen, den weltlich klugen Rat gegeben,
nicht viel zu fragen, unterläßt in dem entscheidenden Augenblicke
die Frage, die ihn in den Besitz der Gralsburg mit all' ihrer
Herrlichkeit gesetzt hätte, nnd verscherzt so durch Unbesonnenheit
das ihm bestimmte hohe Glück. Jetzt beginnt für ihn eine schwere
Prüfungszeit. Durch die Fluchbotin des Gral aus der Tafel¬
runde des Artus ausgeftoßeu, gerät er in Verzweiflung und will
sich ganz von Gott abwenden. So irrt er 4 Jahre des Zweifels
umher, bis ihn endlich Reue über seine Gottvergessenheit ergreift.
An einem Charfreitage kommt er zu einem frommen Klausner
Trevrizent, der ihn über Gott belehrt, ihm die Wunder des
heil. Gral erklärt und ihm offenbart, daß er zum König desselben
bestimmt sei. Jetzt entsagt Parzival allem Zweifel, legt allen
Hochmut ab, und die Stunde des Heils naht für ihn heran.
In einer Reihe siegreicher Kämpfe überwindet er die weltliche
Ritterschaft, deren Vertreter Gawein ist. Nachdem er wieder
Mitglied der Tafelrunde geworden, zieht er nach der Gralsburg
und erlöst seinen Oheim von schweren Leiden. Dieselbe Botin
des heil. Gral, die dem Parzival einst geflucht, erklärt ihn, nach¬
dem er innerlich gereinigt ist, für würdig, König des heil. Gral
zu werden. — Wolfram benutzte zu diesem seinem herrlichen
Werke, das er zwischen 1205 und 1215 dichtete, wie schon oben
bemerkt, französische Quellen, die ihm jedoch nichts weiter boten,
als ein planloses Gewirre von Namen und Abenteuern. Der
tiefe Gedanke, der durch das Ganze hindurchgeht, gehört dem