Full text: Die neueste Zeit (Band 4)

Österreich. Das Februarpatent 1861. 193 
heit, sich in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates, 
angeblich zu gnnsten der Unterthanen einzumischen. Auch in 
Hannover wurde die Verfassung von 1848 beseitigt und die 
frühere Wahlordnung wieder eingeführt. In Mecklenburg 
wurde nach Aufhebung der Verfassung von 1849 ein Landtag 
nach dem Grundgesetz von 1755 berufen, und die alten Zustände 
zu gunsten der Ritterschaft zurückgeführt, als hätten sie nie eine 
Unterbrechung erlitten. 
In Österreich gab der edle Kaiser Franz Joseph auch 
der katholischen Kirche ihre durch die josephinische Gesetzgebung 
so sehr verletzte Freiheit und Selbständigkeit zurück. Dafür 
wurde er aber von den Freimaurern und allen kirchenfeindlichen 
Parteien des In- und Auslandes in der gehässigsten Weise an¬ 
gegriffen und verleumdet. Namentlich wurde das mit Papst 
Pius IX. abgeschlossene Konkordat als der Störenfried 
des ^Friedens unter den Konfessionen, als Preisgebung den In¬ 
teressen des Staates bezeichnet und die urteilslosen Massen gegen 
dasselbe durch die Presse aufgehetzt *). 
Infolge der Niederlagen im lombardischen Kriege (s S 
178) nahmen in Österreich die politischen Wühlereien und bie 
Agitationen gegen das Konkordat noch größere Dimensionen an. 
Man verlangte eine Umgestaltung des Reiches auf konstitutioneller 
Grundlage. Die Herstellung verfassungsmäßiger Zustände war 
aber hier wegen der Zusammensetzung aus verschiedenen Ländern 
und Nationen mit größeren Schwierigkeiten verbunden, als in 
anderen Staaten. Zwei Bestrebungen insbesondere standen sich 
gegenüber; die einen wollten Einheit des Reiches nnd seiner 
Gesetzgebung, die andern Anerkennung der Besonderheiten der 
einzelnen Kronlönder. Die erstgenannte Richtung fand zunächst 
ihre Verwirklichung unter dem Ministerium Schmerling in 
dem Februar-Patent von 1861, wodurch Österreich wieder in 
die^ Reihe der konstitutionellen Staaten eintrat. Der unga¬ 
rische Landtag jedoch protestierte gegen die neue Verfassung 
unb verlangte Anerkennung der Gesetze von 1848, die für Un¬ 
garn eine selbständige Verwaltung zugestanden hatten. Ähnliches 
forderten aber auch die anderen in Österreich vereinigten Natio¬ 
nalitäten. — Ein Patent vom 8. April 1861 gewährte auch 
den Protestanten volle Selbstänbigkeit inbezng auf Kirche unb 
Schule. 
cv f. ®*e- ®e9ner des Konkordats kannten nicht einmal den 
desselben, sondern wiederholten nur, was sie in kirchenfeindlichen 
-olattern gelesen oder von andern gehört hatten. 
Hoffmann, Weltgeschichte rc. IV 1 q
	        
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