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Der zweite punische (Hannibalische) Krieg 218—202.
§139. Veranlaßungen. Hamilkar Barkas (§ 137)
unternahm, um sein Vaterland zum Vernichtungskrieg gegen das
verhaßte Rom zu stärken, durch das Volk mit unumschränkter
Feldherrngewalt bekleidet, die Erobrung Spaniens*) und
errang 237 — 229, in welchem Jahr er fiel, glänzende Erfolge. Mit
gleicher Kraft setzte den Krieg fort sein Schwiegersohn Hasdru-
bal. Zwar nötigten ihn die Römer zu dem Versprechen: den
Ebro nicht zu überschreiten und ihre Bundesgenoßin Saguntum
nicht anzugreifen, aber das übrige Spanien unterwarf er und grün¬
dete zu dessen Behauptung (227) Neu-Karthago. Nach seiner
Ermordung 222 wählte das Heer Hannibal, Hamilkars Sohn,
zum Führer, und dieser, eben so groß in seinen Entwürfen wie
in deren Durchführung, von Jugend auf der unversöhnlichste
Feind Roms, ergriff sofort die Gelegenheit den Frieden zu bre¬
chen, indem er 219 Sagunt bekriegte und unbeirrt durch der
Römer Abmahnen nach 8 Monaten zerstörte.
Erster Abschnitt. Hannibals siegreiches Uebergewicht (—214).
§ 140. Hannibal gieng von Spanien aus über die Pyrenäen
durch das südliche Gallien bis an den Rhone (Rh o danus), dann,
um dem bei Massilia gelandeten Consul P. Cornelius Scipio
auszuweichen, diesen Fluß und die Isara (Isere) aufwärts und
gelangte nach fünfzehntägigem Marsch über die Alpen mit
zur Hälfte geschwächtem Heer in die Ebne Oberitaliens. Die
Siege am Ticinus über P. Scipio und an der Trebia
über beide Consuln (Tib. Sempronius Longus aus Sicilien
zurückgerufen) verschafften ihm 218 den Anschluß der oberitali¬
schen Gallier.
217 zog er durch die sumpfigen Niederungen des Arnus, weil
*) Die pyrenäische Halbsinsel, Hiberia, Hispania, wird durch
lange Gebirgsketten so durchzogen, daß die Flußthäler, das nach SO.
offene des Iberus (Ebro), und die nach W. u. SW. sich erstreckenden
des Durius (Duero), Tagus (Tajo), Anas (Guadiana), und Baetis
(Quadalquivir), die Hauptteile des Landes bezeichnen, mit alleiniger
Ausnahme der beiden Hochebnen (der alt- und neucastilischen), in wel¬
chen der vier zuletzt genannten Flüße Oberläufe liegen. Die Bewohner
waren teils Iberer, teils Kelten, gemischt aus beiden die Keltiberer.
Bei der Beschaffenheit des Landes war die Bildung vieler selbständiger
Völkerschaften natürlich (die wichtigsten: Vasconen (j. Basken),
Cantabrer und Asturer im N., Galäcer im NW., Lusitaner im
W Vettonen zwischen Duero und Tajo, Oretaner am Anas), diesen
aber wiederum durch die Gestaltung ihrer Heimat die Möglichkeit ge¬
boten, ihre Freiheit und Nationalität gegen die durch den Reichtum
an Produkten (namentlich Metallen) angelockten Handel treibenden und
erobernden Völker lange Zeit (§ 16 u. 51) zu verteidigen (Guerilla¬
kriege). Von den Römern wurde das Land später in zwei Provinzen:
citerior oder Taraconensis und ulterior oder Bätica, geteilt (daher
die Pluralbenennung Hispaniae).