108 Vierter Zeitraum. Von d. Neugründ. d. Deutsch. Reiches bis z. Ende d. stauf. Kaiser.
des Rittertums gefördert und die Entstehung der Ritterorden
veranlaßt, 4. äußerst fruchtbringende Beziehungen sowohl zwischen
dem Morgen- und dem Abendlande als zwischen den abendländischen
Völkern selbst herbeigeführt. Gerade unser Vaterland hat durch sie
mannigfache Anregungen und tiefgreifende Umgestaltungen erfahren, nament¬
lich auf dem Gebiete des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Lebens, der Wissenschaften und Künste, so daß man das Zeitalter
der Kreuzzüge, welches ungefähr mit dem der Staufer zusammenfällt, als
einen Wendepunkt unserer Geschichte bezeichnen muß. (Das Nähere
im folgenden Abschnitt.)
9. Zustände des Deutschen Aeiches und Kolkes nnter
den stunfischen Kaisern.
a) Staatliche Einrichtungen (Stände, Verfassung und Ver¬
waltung).
a) Tie Stände. Seit FriedrichI. gab es einen einheitlichen Reichssürsten-
stand, der den hohen Adel bildete. Es gehörten dazu die sechs Erzbischöfe von
Mainz, Köln, Trier, Magdeburg, Bremen, Salzburg, die Bischöfe und die Reichs¬
äbte (zusammen 50), von den weltlichen Großen aber nur der König von Böhmen,
die Herzoge, die Markgrafen von Meißen und Brandenburg, die Psälzgrafen von
Sachsen und bei Rhein, aus der Zahl der Grafen nur der von Anhalt (zusammen 16).
Auch im Rang standen die geistlichen über den Laiensürsten. Die wichtigsten Vor¬
rechte der Fürsten waren die Wahl und die Beratung des Königs. In ihren Land¬
schaften (Territorien) bekamen sie allmählich die Hoheitsrechte des Reiches in die
Hand uud wurden Landesherren. — Dem hohen Adel oder dem Fürstenstande trat
als niederer Adel der Ritterstand gegenüber. Dazu gehörten die Grafen, die
freien Herreu (Freiherren) und die Reichsministerialen, d. h. alle durch ein Lehen
zu schwerem Reiterdienst Verpflichteten (vgl. unten). Bei gleichem Berus und
gleicher Bildung fühlten sich die Ritter als gleichberechtigte Genossen. Sie bildeten
den Kern des Reichsheeres, verwalteten die Reichsgüter und wurden vielfach als
Gesandte und als Statthalter des Kaisers in den italienischen Landschaften ver¬
wendet. Dagegen blieb ihnen der Reichstag verschlossen. — Der Bürgerstand,
der sich in Gilden (Kaufleute) und Zünfte (Handwerker) gliederte, gewann
mit dem Aufblühen des Städtewesens erhöhte Bedeutung (s. unten); doch ver¬
mochte auch er die Zuziehung zu den Reichstagen noch nicht durchzusetzen. — Der
Bauernstand blieb vom politischen Leben gauz ausgeschlossen; nur an der
Ausübung der Rechtspflege behielt er seinen Anteil.
ß) Verfassung und Verwaltung. Die wichtigsten Änderungen gegenüber
dem vorigen Zeitraum waren folgende: 1. Die Wahl des Königs war
ausschließlich Sache der Fürsten. 2. Die Macht des Königtums ging seit
dem Tode Heinrichs YI. immer mehr zurück, weil das Reichsgut zusammen¬
schwand 1 und die Könige nicht nur ihren Einfluß auf die Besetzung der bischös-
1 Die Reste des Reichsgutes (Städte, Dörfer, Höfe) übernahmen Reichs-