36 Zweiter Zeitraum. Von der Gründung des fränk. Reiches bis zu seiner Teilung.
in den drei Hauptteilen des Reiches neben und bald über den Königen
die Hausmeier (maiores domus — Vorsteher des ^königlichen^ Hauses).
Anfangs mit der Oberaufsicht über den königlichen Palast betraut, er¬
langten sie nach und nach Einfluß auf die Regierung, besonders unter
schwachen Herrschern, wie es die spätern Merowinger fast alle waren.
Im Falle der Minderjährigkeit des Königs führten sie die Vormundschaft
und regierten in seinem Namen.
c) Die Pippiniden als Hausmeier. Ju Au straften gelangte
unter Chlotar II. das tapfere und fromme Geschlecht der deutschen
Pippiniden zur Hausmeierwürde. Ihre Stammgüter waren Landen
(zwischen Lüttich und Löwen) und Her(i)stal (bei Lüttich). Prüm in
der Eifel war ihr Familieukloster.
a) Pippin der Ältere begründete die Machtstellung seines Hauses
als Hausmeier von Austrasien und durch verwandtschaftliche Verbindung
mit der reichen und angesehenen Familie des Bischofs Arnulf von Metz.
ß) Pippin der Mittlere, der Enkel des vorigen, verschaffte seinem
Geschlechte das alleinige Hausmeieramt im ganzen Reiche, indem
er bei Tertry a. d. Somme den Hausmeier von Neustrien und Burgund
besiegte (687). Er nannte sich „Herzog und Fürst der Franken".
y) Sein Sohn Karl Martell (Karl — der freie Mann, vgl. Kerl;
Martell — Hammer) gewann unsterblichen Ruhm durch seinen Sieg über
die Araber. Diese waren schon wiederholt über die Pyrenäen vor¬
gedrungen und wollten nun in einem gewaltigen Anlauf das fränkische
Reich niederwerfen. Karl erkannte, daß die Zukunft Europas auf dem
Spiele stand (vgl. S. 27). Mit dem gesamten Aufgebote des Reiches
trat er den Feinden des christlichen Namens auf der Ebene zwischen Tours
und Poitiers entgegen. Sieben Tage lagen sich die beiden Heere be¬
obachtend gegenüber; am achten Tage schlug Karl die Araber aufs Haupt.
Wie eine eiserne Mauer hielt das fränkische Fußvolk dem wütenden An¬
sturm der behenden arabischen Reiter stand. Nordische Körperkraft und
christlicher Glaubensmut siegten über orientalische Gewandtheit und moham¬
medanischen Fanatismus.
Dieser Sieg hob das Ansehen Karls so sehr, daß er es wagen durfte,
mehrere Jahre ohne König zu regieren. Bei seinem Tode (741) teilte
er das Reich wie ein Monarch unter seine beiden Söhne, Pippin und
Karlmann.
A) Pippin der Jüngere, auf Grund einer spätern Sage1 der Kleine
oder Kurze genannt, regierte nach der Abdankung seines Bruders allein
1 Vgl. das Gedicht von Strecksuß „Pippin der Kurze".