Full text: Deutsche Fürsten- und Ländergeschichte, deutsche Reformationsgeschichte (Band 2)

24 Drittes Buch. I. Abschnitt: Bilder aus der äußeren Geschichte. 
Mitte der getreuen Bürger dieser Stadt angelangt, fühlte er sich dem Tode 
nahe. Es war sein Wunsch, zu Speier zu ruhen, in der Gruft der deutschen 
Herrscher, neben Philipp von Schwaben, dem einzigen Staufer, der neben 
den Helden des salischen Hauses hier schlummerte. So machte er sich auf, 
und reitend, zu beiden Seiten fromme Priester, deren Gesprächen er lauschte, 
zog er seine letzte Reise rheinabwärts. In Speier verschied er Tags nach 
seiner Ankunft, am 15. Juli 1291. 
Die dichterisch gehobene Überlieferung be¬ 
richtet, daß dem Könige auf feinem Grabesritt 
Volk aus allen Schichten, aus Städten und 
Dörfern entgegengelaufen sei, um noch einmal 
sein Antlitz zu schauen. Es ist eine im höheren 
geschichtlichen Sinne gewiß wahrhaftige Nachricht. 
Rudolf war nicht bloß bei Lebzeiten beliebt, weil 
er die echt menschlichen Eigenschaften der Leut¬ 
seligkeit besaß, seine Gestalt ist der Nation auch 
nach seinem Tode ein teures Vermächtnis ge¬ 
blieben. Er stand nicht bloß auf sich: er war, 
ganz abgesehen von seinen Verdiensten um das 
Reich, ein typischer Vertreter seiner Zeit, und 
darum hatte er, als Ausdruck eines Zeitalters, 
das Recht fortzuleben für immer. 
Rudolf war trotz aller Tapferkeit kein Held 
und trotz alles frommen Sinnes kein Heiliger 
mehr, wie sie unter den Heroengestalten der 
Ottonen und Salier gewandelt waren. Und ob¬ 
wohl er einen Zug jener adligen Frohnaturen 
hatte, die im Sattel mehr daheim sind als auf 
dem Stuhle des ratheifchendeu Herrschers, die 
gelegentlich überfliegende Pläne entwerfen und 
sich wohl fühlen in fürstlichem Gepränge, so ge¬ 
hörte er doch nicht mehr dem staufischeu Zeitalter 
an, das diese Naturen begünstigt hatte, und wich 
darum weit ab von dem ritterlichen Typus seiner 
m «.rx • m ^ letzten großen Vorgänger. Er war schlank und 
Grabstein Rudolfs von Habsburg „? H. r -> Vrr 
irn Dom zu Speier. übergroß, von kleinem Kopfe, ans dessen von 
sorgenden Runzeln durchfurchtem Antlitz zwei kluge 
Augen abwartend hervorschauten, bartlos, von straffem, langwallendem, nur x 
an den Enden gelocktem Haupthaar; er zeigte feine Finger und schmale Füße: 
er war der halbgroßkaufmännische Rittersmann. Und so war er auch geistig 
zusammengesetzt; er war im Umgange mit Angehörigen höherer Stände ein 
Rechner, diplomatisch wie finanziell, er war schlicht, sparsam, mäßig, im Er¬ 
folge von launigem Witz, doch selbst im Ausdrucke höchster Befriedigung 
vorsichtig und abgewogen in seinen Empfindungen. Das hinderte ihn nicht, 
ein guter Kamerad auch der Niedrigsten im Volke zu sein; ja er liebte den 
Scherz des Lagers; und that es not dreinzuhauen, so frohlockte in ihm das 
Blut seiner Ahnen.
	        
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