Full text: Deutsche Fürsten- und Ländergeschichte, deutsche Reformationsgeschichte (Band 2)

Zweiter Ab schnitt. 
Bilder aus dem Jahrhundert des 
großen Krieges. 
1. Ausbruch des dreißigjährigen Krieges. 
L- v. Ranke, Fürsten und Völker in Südeuropa. 1. Band. 3. Auflage. 1857. 
Werfen wir einen Blick auf die Weltlage im Anfange des 17. Jahr¬ 
hunderts, so finden wir, allenthalben ist der Katholizismus gewaltig vor¬ 
gedrungen, aber allenthalben ist er auch auf einen mächtigen Widerstand ge¬ 
stoßen. In Polen vermag er seine Widersacher schon darum nicht zu er¬ 
drücken, weil sie an den benachbarten Reichen einen unüberwindlichen Rück¬ 
halt finden. In Deutschland hat sich eine eng geschlossene Opposition dem 
vordringenden Dogma, der zurückkehrenden Priesterschaft entgegengeworfen. 
Der König von Spanien hat sich entschließen müssen, den vereinigten Nieder¬ 
landen einen Stillstand zu gewähren, der nicht viel weniger als eine förm¬ 
liche Anerkennung in sich enthält. Die französischen Hugenotten sind durch 
feste Plätze, kriegsbereite Mannschaften und zweckdienliche finanzielle Ein¬ 
richtungen gegen jeden Angriff gerüstet. In der Schweiz ist das Gleich¬ 
gewicht der Parteien schon lange ausgebildet, und auch der regenerierte 
Katholizismus vermag es nicht zu erschüttern. 
Europa ist in zwei Welten geschieden, die sich auf jedem Punkt um¬ 
fassen, beschränken, ausstoßen, bekämpfen. 
In dem Katholizismus herrschten jetzt die monarchischen Tendenzen 
vor. Ideen von populären Berechtigungen, von gesetzlichem Widerstände 
gegen die Fürsten, von Volkssouveränität und Königsmord, wie sie dreißig 
Jahre früher selbst von den eifrigsten Katholiken verfochten worden, waren 
nicht mehr an der Zeit. Es gab jetzt keinen bedeutenden Gegensatz einer 
katholischen Bevölkerung gegen einen protestantischen Fürsten: selbst mit 
Jakob I. von England vertrug man sich; jene Theorien fanden keine An¬ 
wendung mehr. Schon daraus folgte, daß das religiöse Prinzip sich dem 
dynastischen immer enger anschloß, es kam, wenn ich mich nicht irre, hinzji, 
daß die fürstlichen Persönlichkeiten auf der katholischen Seite ein gewisses 
Übergewicht entwickelten. Wenigstens darf man das von Deutschland sagen. 
Da lebte noch der alte Bischof Julius von Würzburg, der bei uns den
	        
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