44 Drittes Buch. I. Abschnitt: Bilder aus der äußeren Geschichte.
tage in Nürnberg wurden in einer glänzenden Versammlung der Stände
des Reiches die Beratungen begonnen, in Metz gelangten sie zum Abschluß,
und dort wurde am 23. Dezember 1356 das erste deutsche Reichsverfassungs¬
gesetz verkündigt, welches von der dem Dokument angefügten goldenen Sieges¬
kapsel den Namen der „Goldenen Bulle" erhalten hat.
Zweiseitiges goldenes Siegel Karls IV. von der „Goldenen Bulle".
In diesem Gesetze ordnete Karl vor allem die Wahl des deutschen
Königs. Sie ward endgültig sieben Wählern übertragen, den Erzbischöfen
von Mainz, Trier und Köln, dem Könige von Böhmen, dem Pfalz-
grafen am Rhein, dem Herzog von Sachsen und dem Markgrafen von
Brandenburg. Damit erreichte die bereits bestehende Institution der Kur¬
fürsten ihren Abschluß. Die drei geistlichen Kurfürsten galten als Erzkanzler
für Deutschland, Burgund und Italien. Den weltlichen standen die Erz¬
ämter des Reiches zu. Der Böhmenkönig war Erzschenk, der Pfalzgraf
Erztruchseß, der Sachsenkönig Erzmarschall, der Markgraf Erz¬
kämmerer des Reiches. Durch große Zugeständnisse wurden sie über den
Kreis der andern Fürsten emporgehoben, damit sie in Zukunft dem Könige
bei der Regierung zur Seite stehen könnten.
Die Kurfürsten erhielten in ihren Gebieten alle diejenigen Rechte,
welche ehedem als Regalien, als königliche Vorrechte, betrachtet wurden, wie
das Münzrecht, die Befugnis, Bergwerke anzulegen, den Judenschutz.
Von ihrem Richterspruch sollte nur in Fällen der Rechtsverweigerung
an den Kaiser appelliert werden dürfen. Besonders segensreich aber konnte
sich die Bestimmung erweisen, daß die Kurfürstentümer ungeteilt auf den
Erstgebornen vererben mußten; so ward heilloser Zersplitterung und damit
der Schwächung der edelsten Glieder des Reiches ein Ziel gesetzt.
Zum Ort der Wahl wurde Frankfurt bestimmt, der Kurfürst von
Mainz hatte als Erzkanzler das Wahlschreiben zu erlassen, zur Krönungs¬
stadt ward Aachen auserlesen. Des Papstes und seines vermeintlichen
Bestätigungsrechts ward nicht erwähnt: indem das Reichsvikariat an Pfalz
und Sachsen übertragen wurde, beseitigte man den Anspruch der Päpste, bei
Erledigung des Thrones auch die höchste weltliche Macht ausüben zu wollen.