§ 3. Karl V. und der Reichstag zu IDorms. 17
rechter Meinung und deiner Sache gewiß, so fahre in
Gottes Namen fort und sei getrost; Gott wird dich nicht
verlassen."
Im Saal war eine glanzvolle Versammlung, der
römische Kaiser, 6 Kurfürsten, 28 Herzoge, 11 Markgrafen,
40 Reichsgrafen, 30 Bischöse 2C. Luther trat gesenkten
Hauptes unter sie. Auf ein er Bank lagen feine Bücher.
Der Kurtrierfche Kanzler als des Kaisers Redner fragte
ihn, ob er sie geschrieben. Nachdem sie geprüft waren,
bekannte er sich dazu. Der Kanzler: Ob er sie widerrufen
wolle? Er bat demüthig um Bedenkzeit; ein Tag wurde
ihm gewährt. Am 18. April antwortete er in langer Rede,
bescheiden, aber freimüthig. Er habe in allen seinen Schrif¬
ten nichts als Gottes Ehre und der Christen Seligkeit ge¬
sucht. Was er darin von christlichem Glauben und des
Papstes Tyrannei gelehrt, das könne er nicht widerrufen,
denn es sei alles wahr. Gegen Privatpersonen habe er
sich freilich öfters Zu heftiger Worte bedient, aber in der
Sache felbst auch hier nach bestem Wissen nur die Wahr¬
heit geredet. Weil er jedoch ein Mensch sei und irren
könne, so bitte er, daß mau ihn, wo das geschehen sein
sollte, ans den prophetischen und apostolischen Schriften
seines Irrthums überweise, so wolle er alles gern wider¬
rufen und der Erste sein, der seine Bücher in's Feuer werfe.
Aus Wunsch etlicher Herren wiederholte Luther seine ganze
lateinische Rede auch in deutscher Sprache, wiewohl ihm
bei der großen Hitze im überfüllten Raume die Schwei߬
tropfen auf der Stirne perlten.
Als er geendigt, trat einige Stille ein. Dann erklärte
der kaiserliche Redner, daß man nicht gesonnen sei, mit
ihm zu disputiren; er solle eine runbe Antwort geben, ob
er wiberrufen wolle ober nicht. Da that Luther seinen
Munb auf unb sprach: „Weil bentt eine schlichte, runbe
Antwort von mir begehrt wirb, so will ich eine geben,
bte Weber Hörner noch Zähne haben soll. Es sei benn,
baß ich mit Zeugnissen ber heil. Schrift ober durch helle
Lesebuch der Weltgeschichte. III. 3. Aufl. 2