§ 7. Der spanische Crbfolgekrieg. 255 
Lasters vorzuhalten, schrieb er seine Erzählung „Telemach." 
Ludwig argwohnte, es sei darin auf seine und seines 
Hofes Sünden angespielt, und verwies den edleit Ver¬ 
fasser von seinem Angesichte nach dem Bischofssitz. 
§ 7. Der spanische Erbfolgekrieg. 
Ludwig XIY. hatte nun 62 Jahre hinter sich; er 
mußte trotz der ihn umgebenden Schmeichler, die ihn alles 
nur im rosigen Lichte sehen ließen, merken, in welch tiefes 
Elend sein Volk durch ihn herab gesunken sei. Dennoch 
ließ er sich durch seine ungestillte Vergrößerungssucht zu 
einem Unternehmen treiben, das ihn in einen noch schwerern 
Krieg verwickelte. Aber der Sturm, den er damit herauf¬ 
beschwor, der über weite Strecken Europas verheerend hin¬ 
brauste, sollte nach gerechtem Gerichte die Eeder seines 
Stolzes tief zu Boden beugen. 
Karl II. von Spanien, der 1680 in Madrid das 
letzte große Autodafe gefeiert, siechte kinderlos hin und mit 
ihm erlosch das Habsburgisch-Spauische Haus. Auf dem 
großen Reiche desselben hafteten Ludwigs lüsterne Blicke; 
das sollte dem Hause Bourbon vereinigt werden und dessen 
Macht über die Sterne erheben. Als Gemahl von Karl II. 
Schwester, behauptete er die gegründetsten Erbansprüche 
daraus zu haben, welche er für seinen Enkel Philipp 
geltend machte. Allein er hatte ja bei seiner Verheirathuug 
auf alle spanischen Besitzungen feierlich verzichtet. Der 
rechtmäßige Erbe war der deutsche Habsburger, Kaiser- 
Leopold I., den eine Schwester Philipps IY. geboren 
hatte. Dieser trat denn auch für sein Recht auf, indem 
er das anfallende Erbe feinem zweiten Sohne, dem Erz¬ 
herzog Karl übergeben zu wollen erklärte. Nun aber 
bearbeitete Ludwig dnrch seinen Gesandten in Madrid, 
unter Beihilfe päpstlicher Einwirkungen, den schwachsinnigen 
König, daß er sein ganzes Reich in Europa und Amerika 
dem Philipp testamentarisch zutheilte. Das Testament war 
offenbar erschlichen; gleichwohl proklamirte Ludwig, als
	        
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