§ 11. Polen und fei« leibesgroßer König. 275
Theil von Bosnien, Serbien unb ber Wallachei. Wenn
ber eble Eugen gewußt hätte, wie balb, 1739, in einem
neuen Krieg unb Frieben mit ber Türkei fast alle feine
schönen Errungenschaften, selbst bas stolze Belgrab, für
Oestreich burch bie Ungeschicklichkeit feiner Felbherrn unb
bie Kopflosigkeit feiner Unterhäuser wieber sollten ver¬
loren gehen 1 Er erlebte es nicht mehr (f 1736). Eugen
that am meisten für Deutfchlanbs Ehre unb fühlte am
tiefsten feine Schmach. Schmerzlich beklagte er, baß es
sich von Frankreich so habe bebrängen lassen, baß selbst
ber beste Frieben mit biefem hinfort ein stummer Krieg
fein müsse. Bei erster Gelegenheit werbe Frankreich ben
Rhein zur Grenze verlangen! Aber Eugens Plan, bas
geistlose Oestreich zu verjüngen, scheiterte an bem Herr-
fchenben Schlenbrian unb ber überlieferten Trägheit. Dieser
Savoyer war ein Deutscher geworben mit Leib unb Seele,
wertn man „geworben" sagen bars; beim er rühmte sich
ber Abstammung vom Sachfenherzog Witukinb.
§ 11. Polen und sein leibesgroßer König.
Wir haben uns an einem Könige von Polen
ergötzt; schauen wir einen Augenblick auf biefes kranke
Laub hin!
Seitbem mit Sigmunb II. 1572 ber Jagellonifche
Herrfcherstamm ausgestorben, unb Polen ein Wahlreich
geworben war (S. 127), gab es naturgemäß unb befon-
bers bei ber Gemüthsart ber Polen höchst ärgerliche Wahl¬
umtriebe, in welche sich zu größerer Verwirrung noch bas
Auslanb mischte, ja es gab blutige Wahlkämpfe, bie bas
ganze Lanb burchbebten. Aber auch sonst hatte Polen eine
erbärmliche Verfassung; alle Gewalt lag in ber Hanb bes
Abels, ber Bürgerstanb würbe von ben Staatsfachen ganz
ausgeschlossen unb ein freier Bauernstanb existirte gar¬
nicht; bie Bauern, 9/io bes Volks, trugen alle bas Sklaven¬
joch. Das Gesetz schätzte im Fall eines Tobschlags ein
Bauerleben zu 4 Thlr. Der Abel aber war ewig uneinig