378 VI. Kampf der zwei größten deutschen Mächte. 
Franzosen, besonders mit Voltaire (S. 360), trug wohl 
das Meiste bei, daß er von den traurigen Banden des 
Unglaubens immer fester nmwnnden wurde. Wenn auch 
ein Etwas in seiner Brust ihn vom Atheismus Zurückhielt^ 
so bestand doch seine Religion nur in einem kalten Für¬ 
wahrhalten ohne lebendigen Umgang mit der Gottheit; 
dem geoffenbarten Glauben hatte er sich völlig entfremdet, 
von einem Heiland, welcher allein der tiesgesallenen Mensch¬ 
heit aufhelfen kann, wußte er nichts, so viel er als Knabe 
davon hatte lernen müssen. — Er, der „die Tugend" 
pries und Tugend wollte, merkte zwar in spätern Jahren 
an der hereinbrechenden Untugend, an der offenbaren Ver¬ 
schlechterung der Menschen, welche im Gefolge des Un¬ 
glaubens gieug, das Bedenkliche des letztern, und während 
er sich geraume Zeit über die fortschreitende „Aufklärung" 
in seinem Staate gefreut hatte, erschrack er nun öfters über 
ihre augenfälligen bitterbösen Früchte. Er sprach einmal 
zu seinem Großkanzler E arm er: „Glaub'Er mir, meine 
schönste Bataille wollte ich drum geben, wenn ich Religion 
und Moral unter meinem Volk wieder da haben könnte, 
wo sie mein frommer Vater gelassen; ich sehe wohl, daß 
ich mehr hätte thun sollen." Und als einst ein hoher 
Beamter berichtete, „er hoffe die Aufklärung bald auf den 
Punkt zu bringen, daß man Taufe und Abendmahl als 
entbehrlich ansehen werde," schrieb er unter den Bericht: 
„Das lasse Er bleiben; denn wenn mein Volk keine Re¬ 
ligion mehr haben wird, dann sitze ich nicht mehr feft auf 
meinem Stuhle nnd Er auch nicht!" womit er eigentlich 
bekennt, daß die Vernunftreligion so viel als keine sei. 
Allein wie es bei ihm selbst zn keiner klaren Erkenntniß 
der Wahrheit mehr gedieh, so war es auch mit solchen 
Wünschen und Einhaltsrusen „des Altersschwachen", wie 
etwa die Welt sagte, für sein Volk zu spät. Er hatte ein¬ 
mal in den Tagen seiner Kraft den schlimmen Vorgang 
in Verleugnung des Christenthums gemacht, Er, „die Be¬ 
wunderung seines Volks" und „der Mann des Jahrhunderts";
	        
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