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7.
Weh allen, die in Polenland geboren!
Die Wunden fangen frisch zu bluten an;
Doch fragt ihr, wo die tiefste Wunde brennt —
Ach, Polen kennt sein viertes Regiment.
Ade, ihr Brüder, die zu Tod getroffen
An unsrer Seite dort wir stürzen sahn!
Wir leben noch, die Wunden stehen offen
Und um die Heimat ewig ists gethan.
Herr Gott im Himmel schenk ein gnädig End
Uns letzten noch vom vierten Regiment.
Von Polen her im Nebelgrauen rücken
Zehn Grenadiere in das Preußenland
Mit düstrem Schweigen, gramumwölkten Blicken.
Ein „Wer da!" schallt. Sie stehen festgebannt,
Und Einer spricht: „Vom Vaterland getrennt
Die letzten Zehn vom vierten Regiment."
226. Frühling Baumeister.
1. Der Lenz mit stillem Wehen,
Der Lenz hat über Nacht
In Thälern und auf Höhen
Sein Zauberschloß gemacht;
Drin muß die Sonne tausendfältig scheinen,
Die kann es gut mit allen Wesen meinen!
2. Wohin mit allen Keimen?
Der Vöglein muntrem Chor?
Das webt in allen Räumen
Und strömt und quillt hervor;
Die Schmetterlinge mit den bunten Schwingen,
Die Blümlein gar mit ihren goldnen Ringen!
3. Was muß das Bächlein plaudern?
Das hat im Thal zu thun!
Kein Blättchen darf mehr zaudern,
Das darf nun nirgends ruhn!
Wie soll ich nun in meinen jungen Tagen
Die Erde und den ganzen Himmel tragen?
227. Tie Saite.*
1. Ich trat in eines Saitenspinners Haus
Und sucht für meine Laute Saiten aus.
2. Und eine Weile sah ich dort mit Ruh
Dem freundlichen Geschäft des Mannes zu.
3. Da wurde bald ein harter, dunkler Draht
Straff ausgespannt, dann drehte sich das Rad.
4. Und um den Draht her flog ein lichter Kreis
Von Silberdräthchen zart und blütenweiß.