9. Im schottischen Hochland. 31 
Jede Partei ermutigt ihr Boot vom Ufer aus mit lautem, tausendstimmigem 
Zuruf, der iu auf- und absteigenden Kadenzen wechselt — immer lauter, 
ungeduldiger uud leideuschaftlicher, je näher die Regatta ihrem Ziele zu- 
schießt. Und, wenn, dann zuletzt „hellblau" oder „dunkelblau" au der rasch 
aufgezogenen Sigualfahue erkannt wird, schmettert aus tauseud Kehlen zu- 
gleich der Beifallsruf das Ufer eutlaug, und zehntausend Tücher wehen oon 
schönen Häudeu Grüße deu Siegeru. Deu Geschlageueu aber wird eiu 
sreuudliches „Try again!" („Versucht's das nächste Mal") oder ein .^ever 
despair" („Nur nicht verzweifeln") halb ironisch, halb gutmütig zuge- 
rufen. Das „Wasserglück" hat sich schou so oft geweudet, und am gleichen 
Ehreutag int nächsten Jahre können die Rollen vollständig gewechselt habeu. 
l). In: schottischen Hochland. 
Alexander Baumgartner. 
Aus „Reisebilder aus Schottland". Mit zwei Bildern im Farbendruck, 15 Abbildungen und einer Karte. 
Z.Auflage. S. 7 5 ff. und 80 ff. Herdersche Verlagshandlung, Freiburg im Breisgau. 1906. 
a) Die schottische Heide. 
Da sitze ich nun in einem prächtigen Erker und beschaue mir die Herr- 
lichkeit. Der Wolkenschleier, schon lange zerrissen, hat dem schönsten blauen 
Himmel Platz gemacht. Eiue frische Brise kräuselt die Wogeu des Clyde, der 
eben im Steigen begriffen ist. Drüben zeichnen sich die Ufer in anmutigen 
Linien am Firmament. Große Schiffe ziehen langsam auf uud nieder, 
muntere Segel schweben leicht über die tiefblaue See dahin; dort ragt ein 
Leuchtturm auf grünem Vorgebirg, die schönste Seitenkulisse, in die Szene 
hinein; da beleben Städte, Dörfer, Landhäuser den duftigen Hintergrund; 
weit hinauf zieht sich die lebensvolle Straße des imposanten Flusses, bis er 
hinter den Hügeln bei Dumbartou verschwindet. Und wie dort ein Lencht- 
türm, so schließt da ein anmutiges altes Kirchleiu, vou hohen Bäumen um- 
kränzt und drüber ein wildgeformter Hügel, hinter dem ein anderer, noch 
malerischer gezackt, die Lage zweier Seen bezeichnet, das Bild ab. War das 
eine Herrlichkeit, eine glückliche Verbindung vou Land- und Meerpoesie, 
vou Leben und Ruhe! 
Machen wir eiue Spazierfahrt. Gleich hinunter an den Strand — da 
steht schon ein zierlicher Nachen bereit, eine fast notwendige Ergänzung zu 
einem folcheu Landhaus. Die volle Anmut der Landschaft auch nur an- 
uäherud zu beschreiben, fühle ich mich außerstande. Sie ist ein merkwürdiges 
Mittelding zwischen Gebirgswelt und Heide. 
Denke man sich eine Heide, die sich ausbreitet bis au die Grenze des 
Gesichtskreises, keine öde, unwirtliche Heide natürlich wie die Lüueburger, 
nu der bloß ein Kiebitz*) Gefallen haben könnte, sondern eine schöne, lieb- 
liche, wie sie uns Stifter und andere Novellisten beschrieben haben, über- 
') Persönliche Ansicht des Autors!
	        
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