Full text: Zeit- und Lebensbilder aus der neueren und neuesten deutschen und württembergischen Geschichte

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Bundesgenossen Österreichs gegenüber, dem deutschen Fürsten, der für den 
geistvollsten, stolzesten und charakterfestesten galt." Der Kurfürst verließ ganz 
erschöpft die Zimmer Napoleons. Seiner Umgebung versicherte er, es sei 
ihm seit Friedrich dem Großen niemand mehr von solcher Beredsamkeit und 
solch scharfsinnigem Geiste erschienen wie Napoleon. Bezüglich des mit Frank¬ 
reich eingegangenen Bündnisses äußerte er: „Wenn ich mich dem Kaiser 
widersetzt hätte, so würde mein Land als eroberte Provinz behandelt, mein 
Staat zertrümmert worden sein, und mein Haus müßte von der Barm¬ 
herzigkeit fremder Höfe leben." Napoleon fühlte sich in Lndwigsbnrg ganz 
behaglich. Die Kurfürstin fand ihn sehr liebenswürdig. Am 3. Oktober 
ging von Lndwigsbnrg ans die Kriegserklärung an Österreich ab. Am 
4. Oktober besichtigte Napoleon die hervorragendsten Punkte in der Umgebung, 
den Hohenasperg nnd die Anhöhen von Fellbach, auf denen das österreichische 
Heer 1796 aufgestellt war. Abends 4 Uhr traf er sodann unter dem Donner 
der Kanonen und dem Geläute aller Glocken in Stuttgart ein. Der Kur¬ 
fürst, welcher mit erneut Teil des Hofes vorausgeeilt war, empfing ihn im 
kurfürstlichen Schlosse. Nachdem Napoleon l Stunde hier verweilt hatte, 
fuhr er in offenem Wagen durch einen Teil der Stadt nnd sodann nach 
Ludwigsburg zurück. Am folgenden Tag ging der Kaiser zn seinen Truppen. 
Nun folgte Schlag auf Schlag. 
Die Österreicher wurden zunächst bei Ulm, wo sie unter Macks 
Führung Stellung genommen hatten, besiegt, und die Rnssen nach 
Mähren zurückgedrängt; dann wurde Wien besetzt und Österreich in 
der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz 2. Dezember 1805 geschlagen. Es 
folgte der Friede von Preßburg. In demselben wurde Württem¬ 
berg und Bayern die Königswürde zuerkannt, ohne daß jedoch 
die neuen Könige aufhören sollten, Glieder des deutschen Reiches zu 
sein. Württemberg erhielt dazu noch folgende vorderösterreichische Ge¬ 
biete: die 5 Donaustädte Ehingen, Munderkingen, Riedlingen, Mengen 
und Saulgau; die Grafschaften Hohenberg und Bondorf; Teile des 
Breisgaus, die Landgrafschaft Nellenburg, die Landvogtei Altdorf; die 
Städte Villingen und Bräunlingen; die in und an der Grenze des 
Landes liegenden Güter des deutschen und Malteser-Ordens und der 
Reichsritterschaft. So umgab neuer Glanz das Württembergische Fürsten¬ 
haus. Wo sollten nun die neuen Gebiete angegliedert werden — an 
Alt- oder Neuwürttemberg? Friedrichs Scharfsinn entging es nicht, daß 
eine Zweiteilung der Macht nicht länger fortdauern könne, um die 
Erhaltung und gedeihliche Entwicklung des Staates zu sichern. So 
hob er denn im Jahre 1806 die alte herzogliche Verfassung auf und
	        
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