§ g8. Die Zertrümmerung des persischen Weltreiches 161
§ 98. Die Zertrümmerung des persischen Weltreiches.
Schlacht am Granikos. Arr. An. I 13—16. Vgl. über sie Oberst
Janke, Auf Alexanders des Großen Pfaden in Kleinasien, 1904, u.
Ztschr. der Berliner Ges. f. Erdkunde, 1904, Heft 6—7. Judeich, Klio
1908, 8, 372 f. Die rasche Eroberung Kleinasiens ist ohne Zweifel dadurch
vorbereitet, daß der Hellenisierungsprozeß schon in einem großen Teil
des Landes weite Fortschritte gemacht hatte; Männer wie Maussollos
und Euagoras hatten bereits in diesem Sinne gewirkt. W. Judeich,
Klein asiatische Studien, Untersuchungen zur griechischen Geschichte des
4. Jh., 1892.
Alexander als Feldherr. An der ungünstigen Beurteilung Bel ochs,
III 1, 66 f. ist so viel richtig, daß von selbständigen und neuen Gedanken
bei Alexander nicht viel zu erkennen ist, er steht fast vollkommen auf den
Schultern des Epaminondas, nur daß er die Angriffskolonne stets aus der
Reiterei, nie aus dem Fußvolke bildete. Auch Philipp hat das schon bei
Chäronea getan, während die Phalanx zum Hinhalten des nicht unmittelbar
bedrohten feindlichen Flügels gebraucht ward: offenbar geschah das,
weü die schwere Reiterei beiden Königen als der militärisch tüchtigste
Teil des Heeres erschien. Daraus ergab sich mit Notwendigkeit die Führung
der Angriffskolonne selber durch den König; nur er hatte die Truppe so fest
in seiner Hand, daß er sie unmittelbar nach dem Durchbruch zum Ein¬
schwenken bringen konnte, das erst den Sieg vollendete, wie es tatsächlich
am Granikos und bei Issos geschah. Auch bei Gaugamela gelang es dem
König noch rechtzeitig, die Reiterei herumzubringen und Parmenions
Phalanx aus der Umklammerung zu befreien; wieviel hier durch ein kurzes
Versäumen, durch eine zu weitgehende Verfolgung, zu der siegende Reiterei
immer neigt, tatsächlich verloren gehen kann, haben die Schlachten von
Ipsos, Rhaphia und Magnesia gezeigt. In allen drei Fällen kam die siegende
Reiterei zu spät, da inzwischen die Phalanx bereits vernichtet war. Aus
alledem ergibt sich, daß der weitaus wichtigste Posten in der ganzen Schlacht
die Führung der Angnffskolonne war. Dies ist auch der Grund, weshalb
Alexander ihn niemals einem anderen überlassen hat, nicht sein tollkühner
Mut, wie Bel och meint, dessen Vorwürfe dadurch widerlegt werden.
Eine etwas andere Anlage zeigt die Porosschlacht (vgl. die bei Beloch
angegebene Lit.). Hier hat man den Eindruck, als ob Alexander Selb¬
ständiges geleistet und sich als Feldherr entwickelt haben würde, wenn
«r nicht früh gestorben wäre. Seine Bedeutung als Feldherr liegt also
nicht sowohl in der Gestaltung des Schlachtplans — diesen hat er vielmehr
von Epaminondas übernommen — als in der Lösung einer neuen Auf¬
gabe, die ihm gestellt war, in der Unterwerfung großer Länderstrecken,
die er mit bewunderungswürdigem Geschick ohne allzugroßen Auf¬
wand an Truppen durchführte. Hauptmittel war dabei die fabel¬
hafte Schnelligkeit seiner Bewegungen, die den Unterworfenen offen¬
bar den Eindruck der Unentrinnbarkeit machte. Trotzdem kam es ihm
auch auf längeren Aufenthalt (Halikamaß, Tyros, Gaza) nicht an, wo dies
zur Sicherung seiner rückwärtigen Verbindungen nötig war; überhaupt
ist die V erbindung rücksichtslosen Draufgehens und kühler Besonnenheit
das Bewundernswerteste in Alexanders Charakter.
Handbuch für den Geschichtsunterricht Bd. 1. Ir