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Phönizien
Perserherrschaft ging die Bedeutung Phöniziens für den Handel und die
Seefahrt mehr und mehr zurück, weniger ihrer Abhängigkeit wegen, als
weil ihnen in den Griechen ein immer gefährlicherer Nebenbuhler erwuchs.
§ 30. Kultur.
Literatur. Landau, Die Bedeutung d. Phön. im Völkerleben = Ex Oriente
lux I 4 (1905).
Über die Glasbereitung bei den Ägyptern s. Er man, Ägypten
S. 608.
Purpur. Die Phönizier gewannen ihn aus der Drüse verschiedener
Muschelarten (Murex trunculus, Murex brandaris, Purpura haematostoma).
Der weißliche aus dieser Drüse gepreßte Saft verwandelte sich auf Stoffe
aufgetragen unter der Einwirkung des Sonnenlichtes in tiefes Rot, das
je nach der Behandlung und Herkunft des Saftes von hellerem Rot bis zu
Dunkelviolett sich abstufte (Pietschmann S. 239 f.).
Zinn. Das zur Herstellung der Bronze gebrauchte Metall ist im öst¬
lichen Mittelmeergebiet selten. Zunächst haben die Phönizier wohl die Ge¬
birge Spaniens ausgebeutet (Lusitanien, Galizien). „Tarschisch" (der biblische
Name für Spanien) wird bei Ezechiel wegen seiner Zinnlieferungen erwähnt
(Ez. 27, 12). Die Fahrten nach den „Zinninseln = Kassiteriden“ sind wahr¬
scheinlich, aber nicht sicher nachweisbar. Gemeint sind vermutlich nicht
nur die so benannten Inseln (Scilly-Inseln), sondern auch die Küsten
Britanniens.
Schrift. Die ältesten Formen der phönizisch-kanaanäischen Buchstaben¬
schrift stammen aus verhältnismäßig junger Zeit. Die einzelnen Zeichen
haben bereits eine hergebrachte Form, die nur noch entfernt das ursprüng¬
liche Bildzeichen vermuten läßt. Daß aber Bildzeichen den Ausgangspunkt
bildeten, zeigen die kanaanäischen Namen, die auch ins Hebräische und
ins Griechische übergegangen sind. Die Zeit des Ursprungs läßt sich nicht
bestimmen. Zwar beweisen die Amamatafeln, daß um die Mitte des 2. Jahr¬
tausends in Phönizien die Keilschrift im Gebrauch war, aber diese Briefe
sind auch in babylonischer Sprache abgefaßt, und neben dieser internatio¬
nalen Verkehrsschrift kann für das Phönizische die eigene Schrift im inneren
Verkehr längst in Gebrauch gewesen sein. Ob die Schrift aus der hiero-
glyphischen oder aus der Keilschrift (Hommel) entstanden oder eine
selbständige Erfindung ist, wird sich nicht feststellen lassen, solange nicht
ältere Schriftformen gefunden werden. Bemerkenswert ist, daß die Phöni¬
zier auch besondere Zahlzeichen hatten.
Schröder, Die phönizische Sprache, 1869. Hommel, Gesch. Babyl.
u. Assyr. S. 50 f.
§ 31. Religion.
Literatur. Smith, Die Religion der Semiten, 1899. Curtis, Ursemitische
Religion im Volksleben des heutigen Orients, 1903. Baudissin, Adonis u.
Esmun, 1911.
Allgemeiner Charakter der phönizischen Religion. Die phönizische
Religion ist die kanaanäische. Bezeichnend ist die große Menge der Gott¬
heiten. Denn wenn auch für die meisten Götter der Name „Baal" und für die