Full text: Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte vom Ausgange des Dreißigjährigen Krieges bis 1815 (Bd. 2)

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Die Konvention von Tauroggen. 1812. 
Annehmlichkeiten des Lebens, der Genuß des ersten regelmäßigen Abendessens, 
der Gebrauch einer Serviette und von Löffel, Messer und Gabel erweckten 
Gefühle, die sich nicht beschreiben lassen. Aber der Übergang zu einem ganz 
neuen Leben, dazu das plötzliche Fallen der entsetzlichen Kälte wirkte so nach¬ 
teilig selbst aus einen noch gesunden Körper, daß man sich nicht lange bei 
dieser grellen Veränderung behaglich und wohl fühlen konnte. So war es 
z. B. mir nicht möglich, auch nur eine halbe Stunde in dem ersten Bette, 
welches sich mir darbot, auszuhalten. Meine Frostwunden an Händen, 
Füßen und im Gesicht begannen nun erst zu schmerzen, und mein Blut kam 
in eine solche gärende Wallung, daß ich Linderung und Schlaf nur außer- 
halb des Bettes auf der nackten Erde finden konnte. Der Keim einer Krank- 
heit schien in meinem Körper zu liegen, und nur die größte Vorsicht, ganz 
allmähliche Gewöhnung an eine geregelte Lebensart, das Vermeiden des Aufent- 
Halts in geheizten Zimmern und von Betten konnte sie einigermaßen ab- 
wenden. Wir machten in Schirwind Ruhetag und setzten unseren Weg, aber 
durch den Aufenthalt mit allen seinen Wohltaten keineswegs gestärkt, sondern 
im höchsten Grade ermattet, nach Gumbinnen fort. Da wir noch mit einigem 
Gelde versehen waren, nahm unser Zug nun einigermaßen die Gestalt einer 
Reise an; wir mieteten Bauernwagen oder Schlitten und gelangten auf 
diese Weise bis zur Weichsel nach Thorn. 
85. Die Konvention von Tauroggen. 1812. 
I. G. Droysen, Das Leben des Feldmarschalls Grafen Jorck von Wartenburg. Berlin, 
Veit u. Komp. 2. Aufl. 1851. 1. Bd. S. 489 und 492. 
Mittwoch, den 30. Dezember morgens kam Aorck mit dem russischen General 
Diebitsch in der Mühle zu Poscherun bei Tauroggen zusammen. Man verständigte sich 
über eine Konvention, von deren 7 Artikeln folgende die wichtigsten sind: 
Artikel 1 bestimmt, daß das preußische Korps den Landstrich des königlichen Terri- 
toriums zwischen Memel, Tilsit und dem Haff besetze, und daß dieser Landstrich als 
neutrales Gebiet betrachtet werde mit dem Vorbehalt des Durchzuges russischer Truppen. 
Nach Artikel2 bleibt das preußische Korps neutral bis zu den eingehenden Befehlen 
des Königs; sollte dieser die Wiedervereinigung mit der französischen Armee befehlen, 
so wird das Korps bis zum 1. März nicht gegen Rußland dienen. Artikel 3 setzt fest, daß, 
wenn der König oder der Kaiser die Konvention verweisen sollte, das Korps nach dem 
Orte, den der König befehlen würde, ungehindert marschieren dürfe. In Artikel 4 wird 
aus bedungen, daß alle preußischen Heeresvorräte zwischen Mitau und Tilsit unbedingt 
zurückgegeben werden. 
An demselben Tage schrieb Aorck an den König den nachstehenden Brief, dem ein 
ähnlicher am 3. Januar 1813 aus Tilsit folgte. 
An Se. Majestät den König. 
Tauroggen, den 30. Dezember 1812. 
Durch einen späteren Abmarsch wie der Marschall/ durch die vor- 
geschriebene Marschdirektion von Mitau auf Tilsit, bloß um den Rückzug 
1 Macdonald.
	        
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