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Kanal angelegt, der die Brahe und Netze und dadurch die Weichsel
mit der Oder und Elbe verbindet. In Schlesien erhob sich die Lein-
weberei; in Berlin entstand eine Porzellanfabrik, so wie Fabriken und
Manufakturen jeder Art neu entstanden und sich mehrten.
Die Rechtspflege erfreute sich der gewissenhaftesten Fürsorge. Sein
Grundsatz war: „Vor der Justiz sind alle Leute gleich." Er ließ eine
neue Gerichtsordnung (codex Fridericianus) ausarbeiten; ein neues
Civilgesetzbuch in deutscher Sprache unter dem Namen des „allgemeinen
Landrechts" wurde erst nach seinem Tode vollendet.
Weniger Sorge zeigte der König für das Schulwesen. Doch er¬
schien 1763 das „General - Land - Schulreglement," in dem eine ver¬
nünftige und christliche Unterweisung der Jugend zur Gottesfurcht und
anderen nützlichen Dingen als der beste Grund wahrer Staatswohl¬
fahrt aufgestellt ward.
Den schönen Künsten, der Musik, Baukunst und dem Theater
widmete der König seine volle Aufmerksamkeit. Dagegen fällt seine
Geringschätzung der deutschen Sprache und Litteratur auf, die damals
allerdings gegen die von ihm bevorzugte französische noch zurückstand.
Doch hoffte er aus eine Blüte auch der deutschen Litteratur, wie denn
seine eigenen Thaten „den ersten wahren und höheren Lebensgehalt
in die deutsche Poesie brachten." (Göthe). In religiöser Hinsicht
herrschte in seinen Staaten die größte Duldung, da ja ein jeder „nach
seiner Faxon" selig werden sollte. Ohne Sinn für den kirchlichen
Glauben, zollte er der christlichen Sittenlehre seine Bewunderung.
Die übrige Zeit seiner Regierung floß in fast ungestörtem Frieden
dahin. Im Jahre 1772 kam es zur ersten Teilung Polens, in der
Friedrich ohne Krieg Westpreußen (ohne Danzig und Thorn) gewann.
In Polen herrschte heillose Zerrüttung, die besonders in dem Rechte
des einzelnen Adeligen, durch feinen Widerspruch jeden Beschluß des Reichs¬
tages zu hintertreiben, ihren Grund hatten. Polen kam ganz unter den
Einfluß der russischen Kaiserin Katharina II. Rußlands siegreicher Krieg
gegen die Türkei machte in Friedrich die Besorgnis vor der Übermacht dieses
Reiches rege, unb auch Östreich ließ Truppen in Polen einrücken. Bei
einem Besuch des Prinzen Heinrich in Petersburg äußerte einst Katha¬
rina: „Wenn der Wiener Hof Polen zersplittern wolle, so hätten die anderen
Mächte ein Recht, dasselbe zu thun." So kam der Plan einer Teilung.
Polens zwischen Rußland, Preußen, bem enblich auch Östreich beitrat, zur
Ausführung. Rußland erhielt ben größten Teil, Östreich Galizien unb
Lodomirien. Das preußisch geworbene Polen genoß seitdem bie Segnungen
einer früher nie gekannten weifen Verwaltung.
Auf Franz I. (1745—1765) war dessen Sohn Joseph II. als
deutscher Kaiser gefolgt (1765—1790). Er war ein begeisterter Ver¬
ehrer Friedrichs und nannte ihn den „größten König und Feldherrn.'^