Full text: Geschichte des Mittelalters bis zum Westfälischen Frieden (H. 2)

Karthago. 
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dieser Insel auszuwerfen und sie bewiesen dabei ebenso viel Klugheit 
als Beharrlichkeit. Vielmal wurden sie von den Griechen hart geschla¬ 
gen, ihre Flotten und Heere zu Grunde gerichtet, sie kamen aber immer 
wieder und machten auf der Insel allmälig Fortschritte; ihre Haupt¬ 
waffenplätze waren Lilpbäum, mit einem trefflichen Seehafen, und Agri- 
gent, die zweite Stadt Siciliens, welche sie nach langer Belagerung 
erobert hatten. Die Karthager fürchteten offenbar, die sicilischen Grie¬ 
chen könnten einmal in Verbindung mit den anderen Griechen Karthago 
angreifen, wie sie mit den Ioniern das Perserreich zuerst befehdet und 
zuletzt zu Grunde gerichtet hatten. Das Unternehmen Athens nach 
Sicilien in der offen ausgesprochenen Absicht von dort aus gegen Kar¬ 
thago zu operieren, mußte diese Stadt nur darin bestärken, ihrem 
Nationalfeind zuvorzukommen und Sicilien zu erobern, damit nicht 
einstens Karthago von Sicilien aus erobert werde. Alexander der Gr. 
steigerte sie nicht wenig in ihrem Mißtrauen gegen Griechenland; sie 
schickten ihm Gesandtschaften und empfahlen sich seinem Wohlwollen, 
waren aber sehr erfreut, als die Kunde von seinem Tode kam. In 
ihrer Besorgniß vor den Griechen hatten sie wiederholt Verträge und 
Bündnisse mit Rom gemacht, weil sie in den Römern so gut als in 
den Tuskern und den einheimischen Völkern Italiens natürliche Bundes¬ 
genossen gegen die sicilischen und italischen Griechen sahen, die als Ein¬ 
dringlinge die schönsten Küstenplätze bis Neapolis eingenommen hatten. 
Gegen den Pyrrhus kämpften Römer und Karthager, wenn auch nicht 
gemeinschaftlich, und während die Römer nach seinem Abzüge sich Unter¬ 
italien bis zu seinen äußersten Vorgebirgen unterwarfen, bemeisterten sich 
die Karthager des größten Theils von Sicilien und hatten alle Aussicht, 
bei der nächsten Gelegenheit in den Besitz der ganzen Insel zu kommen. 
Aber nun waren die Römer bis an die sicilische Meerenge vorgedrungen; 
aus einer mittelitalischen Macht war Rom die Herrin Unteritaliens 
geworden, seine Krieger hatten in den unteritalischen Städten Schätze 
und Genüsse des durch Bildung verfeinerten Lebens kennen gelernt, welche 
die Frucht eines blühenden Seehandels waren, die Römer wollten für sich 
jetzt freie Benutzung der Meere und durften zunächst nicht zugeben, daß 
die große Insel Sicilien karthagisch werde. Denn der schmale Meeres¬ 
arm, welcher es vom Feftlande trennt, macht Sicilien für eine Seemacht 
nur um so werthvoller, indem er wie ein Festungsgraben jeden Angriff 
erschwert, während die Seemacht Unteritalien überall angreifen und 
Truppen ans Land setzen kann; auch ist bis heute Unteritalien noch von 
keinem Eroberer behauptet worden, der nicht zugleich im Besitze Sici¬ 
liens war. Als daher die Karthager bis Messene vorrückten und Römer 
und Karthager einander über die Meerenge anschauten, war die Feind¬ 
seligkeit der beiden Staaten entschieden.
	        
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