kriege fertig in sich ausgebildet; die besser erhaltenen Tempel späterer Zeiten,
aus Ägina, in Athen, zu Tegea, zeigen es in seiner herrlichsten Vollendung,
ohne daß es durch die gemachten Zusätze und Verbesserungen in seinem Wesen
verändert worden wäre. Die von attischen Baumeistern vorgenommenen
Abänderungen bezweckten nur, die jeder Bauweise anhaftenden Übertreibungen
zu mildern, an der dorischen das Herbe und Starre, an der jonischen das
Weichliche und Zarte, und selbst die nachher von Korinth ausgehende Um¬
bildung des Sänlenkapitäls zum zierlichen Blumenkelche bedeutet nur eine
Verschönerung, nicht eine das System umgestaltende Neuerung.
Die Bildnerei, seit den frühesten Zeiten an Geräten, Schmucksachen
und Waffen handwerksmäßig geübt und von der Malerei durch Linien¬
oder Pflanzenornamente, durch Tier- und Menschengestalten belebt und ge¬
hoben, hat durch die Griechen im weiteren Verlause ihrer Geschichte eine
große Vollkommenheit erlangt; durch Zierlichkeit und Anmut der Formen,
durch Frische und Lebendigkeit der Farben, durch den Reiz der Linien und
Gestalten entzücken ihre Vasen noch heute das Auge des Beschauers. Aber
zu freien und selbständigen Künsten konnten Plastik und Malerei sich erst
dadurch erheben, daß sie sich wie die Architektur in den Dienst des Kultus
stellten, und die letztere, sozusagen als die führende Kunst, bot durch das Be¬
dürfnis, Räume und Wände auszuschmücken, den Schwesterkünsten die beste
Gelegenheit, ihr in der Weiterentwicklung zu folgen, bis sie dann sich aus
den Schranken schmückenden Handwerks loslösten und für sich Werke hervor¬
brachten, die nicht mehr architektonischen Zwecken dienten, sondern als Er¬
zeugnisse der einzelnen besonderen Kunst Geltung erlangten und Bewunderung
verdienten. Die Malerei hat diese Höhe bei den Griechen zuletzt und erst
nach den Perserkriegen erreicht; ihr vorangegangen ist die Skulptur, und
sür diese gerade hat das Hellenenvolk die höchste Begabung bewiesen, so daß
seine Leistungen in ihr noch heute als unerreichte Muster dastehen.
Nachdem der Tempel zum wichtigsten Gegenstände der Baukunst ge¬
worden war, erhielt auch das Bild der in ihm wohnenden Gottheit erhöhte
Bedeutung; an ihm hat sich die griechische Plastik besonders geübt. Von den
rohesten Gestalten des aus Holz geschnitzten Idoles schreitet sie fort bis zu
den erhabenen Göttergestalten, die kunstvoll aus Gold und Elfenbein gefügt
oder in Erz und Marmor gebildet sind. Weil ferner die Götter als veredelte
Menschen erscheinen sollten, so wandte sich das Studium der Künstler beson¬
ders der Menschengestalt zu und suchte sie mit aller Naturwahrheit zu erfassen
und nachzuahmen; die lebendige Anschauung der gymnastischen Spiele kam
ihnen darin zu Hilfe, den menschlichen Leib in der Kraft und Schönheit seiner
Glieder, in dem Wechsel der Stellungen und dem Reize der Bewegungen