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Lehrer in der Kunst Deiche zu bauen!), in Belgien die der technischen Gewerbe
vor. Da die Holländer als das herrschende Volk den Belgiern viele Lasten
auserlegten (z. B. bei der Verteilung der Staatsschuld) und aus ihre Gewohn¬
heiten wenig Rücksicht nahmen, so machte sich bei diesen eine weitverbreitete
Unzufriedenheit geltend. Schon strebte man in Belgien offen die Trennung
von Holland in Verfassung und Verwaltung an: da kam die Kunde von der
julirevolution nach Brüssel und bewirkte daselbst große Aufregung. Die
Losung wurde gegeben: Belgien müsse von Holland ganz getrennt werden.
Den Ausschlag gab der General Chasse, welcher von der Zitadelle aus die
aufrührerische Stadt Antwerpen beschoß und dadurch einen Schaden von
vielen Millionen anrichtete. Da stieg die Erbitterung gegen Holland so sehr,
daß jede Vermittelung unmöglich wurde. Belgien wurde ein selbständiges
Königreich und Leopold I. aus dem Hause Koburg-Gotha wurde zum
Könige der Belgier erwählt.
Auch in Polen fand die Kunde von der Julirevolution reichen Zünd-
Sroat hatte sich unter Alexanders I. wohlwollender Regierung der
Wohlstand des Landes bedeutend gehoben. Allein der nationale Haß gegen
die Russen war nicht gemindert und gab zu zahlreichen Verschwörungen
Anlaß. So brach der Aufstand am Ende des Jahres 1830 aus. Aber
derselbe war schlecht organisiert. Die Russen sendeten den General Diebitfch
mit großer Übermacht. Derselbe drang siegreich vor, gewann im Mai 1831
die Schlacht bei Ostrolenka, starb aber bald daraus an der damals stark
wütenden Cholera. Mit Hilfe der Preußen führte fein Nachfolger im Ober¬
befehl, Paskiewitfch Eriwansky, die Unterwerfung Polens zu Ende. Am
Anfange des Septembers wurde Präget, eine Vorstadt Warschaus, mit
Sturm genommen. Der Rest der aufständischen Polen flüchtete auf
preußisches Gebiet.
Das Königreich Polen verlor nunmehr seine Selbständigkeit.
^n Deutschland traten die Einwirkungen der Julirevolution gleichfalls
in verschiedenen Staaten sichtbar hervor. Am stärksten geschah es in
Braunschweig, wo man den untüchtigen und ganz unbeliebten Herzog Karl,
den Sohn de» heldenhaften Friedrich Wilhelm von Braunschweig - Öls
(s. Seite 246), verjagte und den jüngeren Bruder Wilhelm zur Herrschaft
berief (er regierte 1831—84). In Süddeutfchland zeigte sich der revolu¬
tionäre Geist mehrfach. Aber derselbe gab sich nur in planlosen Thaten
(Hambacher Fest, Versuch, die Frankfurter Hauptwache zu überrumpeln)
kund und konnte daher leicht unterdrückt werden. In Norddeutschland
regte sich besonders die studierende Jugend in unklaren politischen Be¬
strebungen (Burschenschafter, Fritz Reuter) und mußte dafür zum Teil