Die Verschönerung Athens. Athen als Pflegestätte griech. Kunst u. Wissensch. 45
dafür eine Geldsumme (Flottensteuer). Die Beiträge wurden von den
Athenern als Tribut betrachtet, und bald behandelten sie die Bundes¬
genossen nicht mehr als Gleichberechtigte, sondern als Untertanen. Die
Bundeskasie ließ Perikles von Delos nach Athen verlegen. Über die Ver¬
wendung des Geldes verfügten die Athener allein; es wurde nicht bloß
zu Bundeszwecken, sondern auch zur Verschönerung Athens benutzt. Die
Folge davon war, daß häufig Empörungen der Bundesgenossen
ausbrachen, die von den Spartanern eifrig geschürt und unterstützt wurden.
2. Die Verschönerung Athens durch Perikles. Athen als Pflegestätte
griechischer Kunst und Wissenschaft.
Athen sollte nicht bloß eine starke Festung, sondern auch eine schöne
Stadt werden, würdig, die Hauptstadt der ganzen griechischen
Welt zu sein. Die Bürgerhäuser blieben zwar einfach und schmucklos,
um so größer war aber der Aufwand bei allen öffentlichen Gebäuden, die
auf Staatskosten (zum großen Teil aus den Geldmitteln der Bundeskafse)
errichtet wurden. Gelehrte und Künstler gewannen in Athen Lohn und Ehre;
und bald finden wir eine ganze Reihe von Männern, die durch wissenschaftliche
und künstlerische Werke der attischen Hauptstadt den höchsten Glanz verliehen.
Philosophen (Weltweise) dachten über den Ursprung aller Dinge nach,
kamen zu richtigen Vorstellungen über die Erdbewegung, berechneten im voraus den
Eintritt einer Sonnenfinsternis und stellten physikalische Gesetze aus, die heute noch
gelten. — Der erste Geschichtschreiber, Herodöt, hielt den Athenern
Vorträge aus seinem Geschichtswerke über die Perserkriege. — Die Dichter
Äschylus, Sophokles und Euripides schrieben Trauerspiele von ties-
ergreifenbem Inhalte. — Bedeutende Maler schufen herrliche Werke der
Farbenkunst. Zeichnungen unb Ausrisse, die nur auf Tongefäßen erhalten geblieben
sind, lassen vermuten, aus welch hoher künstlerischer Stufe die griechische Malerei
gestanben haben mag. Die berühmtesten Maler ber bctmaligen Zeit waren
Zeuxis unb Parrhäsius. In einem Wettkampfe, ben bie beiben Künstler
veranstalteten, täuschte Zeuxis bie Vögel mit naturgetreu gemalten Weintrauben;
Parrhasius malte einen Vorhang, ben selbst bas scharfe Auge seines Gegners
für ein wirkliches Gewebe hielt.— Der bebeutenbste aller Künstler aber
war Phibias, ein Freunb bes Perikles. Er war Baumeister, Bildhauer unb
Erzgießer zugleich. Unter seiner Leitung entstanben aus ber Akropolis bie Propy¬
läen unb ber Parthenon. Das wunberbare Stanbbilb ber Athene im
Innern bes Parthenons sowie bie Riesenstatue berselben Göttin auf bem höchsten
Gipfel bes Burgberges waren hervorrctgenbe Schöpfungen biefes Künstlers. Sein
bebeutenbstes Meisterwerk aber, zugleich bas größte ber griechischen Bilbnerei
(Plastik), war bie 12 m hohe Statue bes Göttervaters im prächtigen Zeustempel
zu Olympia. Zu sterben, ohne biefes Kunstwerk gesehen zu haben, galt sür ein
großes Unglück. — So wetteiferten bie bebeutenbsten Gelehrten unb Künstler ber
bamaligen Zeit, Athen einen Glanz unb Namen für alle Zeiten zu geben.