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König Friedrich II., der Große.
jährlich eine Pension bekommen." Diese wurde ihr wirklich an¬
gewiesen.
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Als einst aus einer Reise die Pferde gewechselt wurden,
drängte sich ein altes Mütterchen dicht an des Königs Wagen.
„Was wollt ihr?" fragte Friedrich sie. „Nur Ihr Angesicht
sehen," erwiderte die Alte. Der König gab ihr einige Friedrichsd'or
und sagte: „Seht, liebe Frau, auf diesen Dingern könnt Ihr
mich ansehen, so oft Ihr wollt."
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Friedrich II. hatte acht Stunden von Berlin ein schönes
Lustschloß und war gern darin, wenn nur nicht ganz nahe dabei
eine unruhige Mühle gewesen wäre. Denn erstlich stehen ein
königliches Schloß und eine Mühle nicht gut neben einander,
obgleich das Weißbrot auch in dem Schlosse nicht übel schmeckt,
wenn die Mühle fein gemahlen und der Ofen fein gebacken hat.
Außerdem aber, wenn der König in seinen besten Gedanken war
und nicht an den Nachbar dachte, auf einmal ließ der Müller
seine Mühle klappern und dachte auch nicht an den Herrn Nachbar;
und die Gedanken des Königs störten zwar das Räderwerk der
Mühle nicht, aber manchmal das Klapperwerk der Räder die
Gedanken des Königs. Der geneigte Leser sagt: „Ein König
hat Geld wie Laub, warum kauft er dem Müller die Mühle
nicht ab und läßt sie niederreißen?" Der König wußte warum,
denn eines Tages ließ er den Müller zu sich rufen. „Ihr
begreift," sagte er zu ihm, „daß wir zwei nicht neben einander
bestehen können. Einer muß weichen. Was gebt Ihr mir für
mein Schlößlein?" — Der Müller sagte: „Wie hoch haltet Ihr
es, königlicher Herr Nachbar?" Der König erwiderte ihm:
„Wunderlicher Mensch! so viel Geld habt Ihr nicht, daß Ihr
mir mein Schlößlein abkausen könnt. Wie hoch haltet Ihr Eure
Mühle?" — Der Müller erwiderte: „Gnädiger Herr, so habt
Ihr auch nicht soviel Geld, daß Ihr mir meine Mühle abkaufen
könnt; sie ist mir nicht feil." — Der König that zwar ein Gebot,