fullscreen: Lesebuch zur Geschichte Bayerns

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103. Eine Fußreise mit König Max II. 
Der König war karg mit seinem Lobe; er erwartete aber auch von uns 
keine Schmeicheleien. Jener literarische Kreis zählte Männer genug, welche 
ihn in der Presse laut hätten lobpreisen können und die, was mehr ist, auch 
Geist und Geschick besessen hätten, ihn geschmackvoll zu preisen. Keiner von 
uns hat das getan und der König würde es auch von keinem begehrt haben. 
Das hätte auch dem ganzen Wesen unseres gegenseitigen Verhältnisses wider¬ 
sprochen: einen Gönner mag man öffentlich rühmen, einen treuen Freund 
rühmt man uur in der Stille. 
Die historische Gestalt dieses so originalen und doch so zart und gemischt 
organisierten Fürsten läßt sich in folgenden kurzen Worten plastisch skizzieren: 
König Maximilian förderte und ehrte Kunst und Wissenschaft, indem er 
mit Künstlern und Gelehrten arbeitete und lernte. Die Aristokratie des Geistes 
iland ihm höher als die Geburtsaristokratie. Seiner Natur nach ein humaner, 
aufgeklärter Absolutist, regierte er verfassungstreu und wurde zuletzt ein frei¬ 
sinnig-konstitutioneller Monarch aus Pflichtgefühl und Rechtssinn. Er zeigte 
die Liebe zu seinem Volke, indem er es mit rastloser Hingabe studierte und 
förderte uud den eigenen Frieden an den Frieden mit seinem Volke setzte. 
König Max war nicht der letzten einer unter den eifrigen Hütern des guten 
deutschen Geistes in schwüler Zeit. Und wenn sich das bayerische Volk in den 
schwersten Stunden des Jahres 1870 als echt, treu und deutsch erprobt hat, 
wenn jetzt ein ganz anderer Geist im Lande weht als vor Jahrzehnten, wenn 
Bayerns Volk und Staat im neuen Deutschen Reiche eine würdigere und be¬ 
deutendere Rolle gewonnen haben als jemals im alten Deutschen Bunde, dann 
vergesse man angesichts alles dessen nicht, daß König Max es war, der mit 
redlicher, mühevoller Arbeit zu solchen Früchten den Boden bereiten half. 
103. Eine Fuhreise mit König Max II. 
Von Wilhelm Heinrich Riehl. *) 
Es war am 4. März 1864, als König Max von Bayern die gelehrte 
Tafelrunde des sogenannten „Symposions" nach längerer Pause wieder ein¬ 
mal bei sich versammelt sah. In altgewohnter Weise hatten wir zuerst in 
dem traulichen, bildergeschmückten Rokokosaale der „ grünen Galerie" beim ein¬ 
fachsten Abendbrot und dampfender Zigarre den Vortrag eines poetischen Frag¬ 
mentes angehört und von literarischen Dingen gesprochen, bis ein Wink des 
Königs das Zeichen zum Ausstehen gab und wir uns in das anstoßende 
Zimmer zum Billard verfügten. 
Wir spielten meist sehr lässig; denn das Spiel sollte mehr nur den An¬ 
laß bieten uns freier zu bewegen und in Gruppen zu unterhalten und der 
König liebte es, während der oft äußerst langen Pausen mit dem einen oder 
l) Kulturgeschichtliche Charakterköpse, S. 245. Stuttgart 18993, Cotta.
	        
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