Full text: Geschichtsbilder aus der vaterländischen Geschichte für einfache Schulverhältnisse

— 62 — 
Bestände. Napoleon verschenkte nun Länder und Kronen an seine 
Brüder und Verwandten, und Niemand konnte ihm wehren. 
4. Preußens Demüthigung. Der friedliebende König von 
Preußen hatte sich dem Bunde gegen Napoleon nicht angeschlossen, ob¬ 
wohl ihn die besten Männer an seineyl Hofe dazu drängten. Er wollte 
seinem Laude die Leiden des Krieges ersparen. Nach dem Siege von 
Austerlitz warf Napoleon die freundliche Maske gegen Preußen ab und 
verletzte es in beleidigender Weise. Da erklärte ihm Friedrich Wil¬ 
helm III. mit schwerem Herzen, aber unter dem Jubel des Volkes den 
Krieg. Bei Jena und Auerstädt den 14. Oktober 1806 trafen 
die Heere auf einander, nachdem am 10. Oktober der Prinz Lonis 
Ferdinand bei ^aalfeld mit der preußischen Vorhut geschlagen worden 
und den Heldentod gestorben war. Die preußischen Soldaten hatten sich 
bisher in dem Ruhme des großen Friedrich gesonnt und übermüthig 
auf die Franzosen herab gesehen. Sie waren von alten Generalen an¬ 
geführt und mit der neuen Kanipfmeife nicht vertrant. Gleich im An¬ 
sange wurde der Oberbefehlshaber, der Herzog vou Brauufchweig, 
todtüch verwundet und Verwirrung in das Heer gebracht. Ohne Plan 
und Zusammenwirken schlugen sich einzelne Hansen tapfer, endlich aber 
suchte alles in wilder Flucht Rettung. Nach 14 Tagen war Napoleon 
m Berlm und die Königsfamilie auf der Flucht nach Memel. Wie 
Kartenhäuser fielen die Festungen, wie Schasheerden ergaben sich die 
Soldatenhaufen. Nur einzelne Führer retteten .Me preußische Waffen¬ 
ehre, so der alte Blücher. Kolberg wurde von Gneisenau, Schill 
und dem braven Bürger Nettelb eck auss Tapferste vertheidigt. Der 
alte Courbiere (fpr. Knrbiähr) in Grandenz ließ den Franzosen auf die 
höhnische Botschaft, „es gäbe keinen König von Preußen mehr", sagen: 
„Nun, so werde ich versuchen, wie lange ich König von Graudenz sein 
kann l" Noch 2 blutige Schlachten wagten die Preußen und Russen bei 
Ep lau und Friedland in Preußen, aber ohne Erfolg. Der Sieger 
diktirte in Tilsit 1807 einen harten Frieden. Preußen verlor alles 
Land westlich von der Elbe; dasselbe wnrde zum Königreich Westfalen 
mit der Hauptstadt Kassel unter Napoleons Bruder Jerome geschlagen. 
Es musste 30 Millionen Thaler Kriegskosten bezahlen, bis zur Bezah¬ 
lung den Franzosen die Festungen überlassen, den Engländern alle 
Häsen verschließen und durfte nur 42,000 Soldaten halten. Als 
Napoleon die Königin hochmüthig fragte: „Wie konnte Preußen wagen, 
mich anzugreifen?" antwortete die edle Luise: „Sire, dem Ruhme 
Friedrichs des Großen war es erlaubt, uns über unsere Kräfte zu 
täuschen, wenn wir uns anders getäuscht haben." 
5. Preuszens Wiedergeburt. An die Spitze der Verwaltung 
trat der edle Freiherr von Stein. Er beschaffte die Kriegskosten und 
befreite dadurch das Land von den fremden Blutsaugern. Den Städtern 
gab er durch die Städteordnung die Selbstverwaltung; die Erbnnter-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.