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§ 66. Klageformen im Civilprozefs.
tage (ebenfalls conventus) ab, hörten die Klagen an und setzten
(wie in Rom) aus dem Senate der Stadt, aus den Landeseinwohnern
oder gewöhnlich aus römischen Rittern und ansässigen römischen
Bürgern (mercatores conventus) eine Geschworenenliste auf.
4. Zeit. Sitzungstage waren die dies fasti, gesetzliche Ge¬
richtstage, verboten die dies nefasti, wozu die Fest- und Fest¬
spieltage und bis 286 v. Chr. die Markttage kamen. Deshalb traten
im Frühjahre und Herbst während der grofsen Festspiele zwei
Gferichtsferien (iustitiurn für iuris stitium, sistere ius) ein. In der
Provinz waren besondere Konventstage angesetzt.
5. Ort. In Rom das Comitium und Forum, wo das Tribunal
des Richters mit dem kurulischen Stuhle (Tax. ann. 1, 75) für die
höheren oder die subsellia für die niederen Magistrate und Richter
aufgestellt waren; seit Cäsar pflegte man die Verhandlungen
teils in den Basiliken, teils in besonderen Amtsstuben vorzunehmen.
Anmerkung. In religiösen Angelegenheiten übte auch der pontifex
maximus Gerichtsbarkeit (s. § 112).
§ 66. Klageformen im Civilprozefs (Legis action es uncl
formulae).
Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene, teils einfachere,
teils verwickeltere Klageformen (actiones) oder Prozeduren in
Civilsachen ausgebildet. Die älteren Formen waren mit religiösen
und symbolischen Handlungen verbunden. So entstanden allmäh¬
lich drei Prozefsarten (ordo iudiciorum): die legis actiones und
die formulae actionum, bei denen Magistrat (in iure) und Richter
(in iudicio) getrennt verhandelten und als dritte Art die sogen,
aufserordentliche Prozedur (cognitio extra ordinem).
1. Legis actiones. Actio (eigentlich Betreibung, nämlich einer
Sache, actio causae) heifst nicht nur Fähigkeit, die öffentliche
Autorität zum Schutze eines Rechtes anzurufen (Klagerec/itf), son¬
dern auch die thatsächliche Anrufung des Rechtsschutzes. Für
diese Anrufung gab es in der älteren Zeit fünf gesetzliche Klage¬
oder Prozefsformen, legis actiones. Diese fünf alten Prozefsarten
hatten das Eigentümliche, dafs sie aus (symbolischer) „Handlung
und Wort“ bestanden.
a) Legis actio sacramento. Sie bestand darin, dafs der Kläger eine
Kaution oder Strafsumme (sacramentum, d. i. geheiligte Summe) von 50—500 As
stellte, welche er, im Falle er den Prozefs verlor, der Tempelkasse zu Opfern
überlassen mufste. b) Legis actio per iudicis postulationem, wenn die streitenden
Parteien vor dem Magistrate (in iure) ihre Sache genau formuliert vortrugen
und dann einen Einzelrichter (arbiter, iudex) zur Entscheidung verlangten.