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§ 113. Die Pontifices und ihr Priesterkreis.
verrichtete ebenfalls gewisse Opferhandlungen. Sie trug dabei eine Art Kranz
aus Zweigen des Granatapfels, die mit einem wollenen Bande von weifser
Farbe zusammengehalten waren.
3. Die fiamines i; 3 maiores und 12 minores. Dies sind Ein¬
zelpriester , je nur für eine Gottheit und ihren Dienst. Die drei
grofsen Fiamines waren der flamen Dialis, Martialis und Quiri-
nalis. Der Käme sagt, wessen Kult sie leiteten. Die maiores
mufsten Patricier, die minores konnten auch Plebejer sein. Der
Dialis hatte, wefl Repräsentant des obersten Gottes, den höchsten
Rang, Liktoren, toga praetexta und sella curulis. Seine Gattin,
die flaminica Dialis, be¬
sorgte den Dienst der
Juno. Ihre Ehe mufste
durch Konfarreation ge¬
schlossen sein.
Der Dialis unterlag in Be¬
zug auf seine Kleidung und
ganze Lebensweise vielen be¬
schwerlichen Vorschriften. So
durfte er nicht schwören, kein
Pferd besteigen, nichts Ge¬
bundenes (Knoten) an sich
tragen oder anschauen, sich
nur zweimal im Jahre aus sei¬
ner Wohnung (domns flaminia
auf dem Palatin) und niemals
über eine Nacht aus derselben
entfernen.
4. Die Vestales (siehe
§ 106), die Priesterinnen
der Yesta, von Xuma ein¬
gesetzt (Yirginesque Yestae legit Alba oriundum sacerdotium,
Liv. 1, 20). Ihrer waren anfangs vier, dann sechs, die bei der
grofsen Heiligkeit des Yestakultes aufserordentliche Yorrechte ge¬
nossen. (Siehe Abbildung einer Yestalin Fig. 41.)
Sie hatten einen Liktor, das Begnadigungsrecht, wenn ihnen ein ver¬
urteilter A erbrecher begegnete, besondere Ehrensitze in den Schauspielen; sie
waren geheiligte Personen und die Ehrfurcht vor ihnen so grofs, dafs die
höchsten Staatsbehörden vor ihnen auswichen; ihre Fürbitte für Angeklagte
1 Flamen j für flagmen, von flagrare, Wurzel fla- (vgl. flamma), also =
Zünder, Opferzünder. Liv. 1, 20: flaminem (Numa) Iovi adsiduum creavit
insignique eum veste et curuli sella regia adornavit, huic duos fiamines ad-
iecit Marti alterum, alterum Quirino.
Fig. 41. Vestalin.