Full text: Grundriss der römischen Altertümer

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§ 138. Handwerke, Kunst und Industrie. 
zuckt mit dem Luxus zu. Keine gröfsere Villa entbehrte des 
Fischteiches (piscina), worin alle Sorten von Fischen vertreten 
waren. Auch besafs Rom einen eigenen Fischmarkt (forum 
piscarium). 
§ 138. Handwerke, Kunst und Industrie. 
Die Wertschätzung des Handwerkes stand im umgekehrten 
Verhältnis zu der des Landbaues: das Handwerk ist in Rom nie¬ 
mals völlig zu Ehren gekommen und gab es nie einen Bürger¬ 
stand, d. h. einen aus römischen Bürgern bestehenden Gewerbe- 
oder Handwerkerstand. Noch Cicero nennt das Handwerk eine 
„ars sordida“, eine sklavische, gemeine Beschäftigung, die er¬ 
niedrige. Wer daher ein Gewerbe betrieb, konnte sich nicht um 
ein höheres Staatsamt bewerben. Fand doch die Wahl eines ku- 
rulischen Ädilen erst Genehmigung, als der Gewählte sein Schreiber¬ 
gewerbe aufzugeben erklärte. Was man alles von Handwerken 
für gemein hielt, hat Cicero off. 1, 42 ausführlich erläutert. Und 
was die Römer als das eigentlich niedrige (sordidum) und sklavi¬ 
sche beim Handwerk ansahen, das war die Bezahlung: der freie 
Römer arbeitet nicht um Lohn, das ist Sache der Sklaven. Diese 
Meinung ging durch alle Verhältnisse des römischen Lebens. Von 
einem blühenden einheimischen Handwerk oder blühender In¬ 
dustrie konnte darum Jahrhunderte lang nicht die Rede sein. 
Übrigens verfertigte der einfache römische Bauer auf seinem ge¬ 
schlossenen Landgute alles selbst durch seine Sklaven und eigenen 
Leute; er bedurfte auch nicht viel. 
So wurden von frühester Zeit an die Gewerke von Sklaven, Plebejern, 
Fremden, Klienten und seit Ende des Freistaates hauptsächlich von Libertinen, 
welche die Industrie durch Fabrikanlagen (officina, von opificina) in gröfserem 
Mafsstabe betrieben, besorgt. Sehr alt aber ist das Zusammenthun der ein¬ 
zelnen Handwerker in Zünfte (collegia opificum) und schon König Numa soll 
acht collegia eingerichtet haben: Flötenbläser, Goldschmiede, Kupferschmiede, 
Zimmerleute, Färber, Töpfer, Walker und Schuster. Nach dem Muster dieser 
Zünfte thaten sich alle späteren Handwerker in Korporationen zusammen 
und das Gilde- und Zünftewesen hat bis in die späte Kaiserzeit bestan¬ 
den. So gründeten die Bäcker 171 v. Chr. die erste Bäckerzunft (collegium 
pistorum). Alle die Zünfte oder Kollegien hatten eine eigentümliche, staat¬ 
lich anerkannte Organisation. Von Handwerken, die besonders schwungvoll 
betrieben wurden, nennen wir: die Wollspinnerei (lanificiuni), V ebeiei und 
Strickerei (ars textrina, texere), AValkerei (fullonica, collegium fullonum), 
die Färberei, namentlich Purpurfärberei (ars inficiendi, purpurarii, mfectores). 
Dieser Industriezweig war sehr blühend. Ihnen zunächst stehen die ver¬ 
schiedenen Metallarbeiter: aurarii, argentarii, aerarii, ferrarii (Gold-, Silber-, 
Bronze- und Eisenarbeiter oder -Schmiede), die Holzarbeiter, nämlich Tischler,
	        
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