Die Zeit dcr Auflösung in Staat und Kirche.
§ 134. Dieses Gesetz enthält die endgültigen Bestimmungen
über die Wahl des deutschen Königs, welche, ohne daß des
Papstes irgendwo Erwähnung geschieht, unter dem Bemerken,
' daß eine zwiespältige Wahl in Zukunft nicht statthaben dürfe,
ausschließlich von den sieben Kurfürsten unter Leitung des E>z-
bifchofes von Mainz in Frankfurt vollzogen werden soll. Aachen
wird zur Krönungsstadt bestimmt. Als Vicar des Kaisers während
eines Interregnums soll Pfalz in Süddcntschland, Sachsen-
Wittenberg im Norden fungiren. Das waren zumeist Be¬
stimmungen, die thatsächlich Bestehendes nur rechtlich bestätigten.
Den Kern des Gesetzes bilden die Verfügungen zu Gunsten der
Kurfürsten: ihre Länder sollten stets ungetheilt auf den Erst¬
geborenen forterben, sie erhielten Münzrecht, Erhebung des Juden-
zolls, hödste Gerichtsbarkeit (privilegiuin de non evocando
sive appellando) u. ct. und damit eine unbeschränkte landes¬
herrliche Stellung in ihren Territorien. Außerdem wurde ihnen
ein regelmäßiger Antheil an der Regierung des Reiches dadurch
gesichert, daß sie sich alljährlich nach Ostern zur Berathung der
wichtigsten Angelegenheiten um den Kaiser versammeln sollten.
Durch diese Bevorzugung der Kurfürsten gedachte Karl dieselben
dauernd sür sein Haus zu gewinnen. Allein nur mit großer
Mühe setzte er noch zu seinen Lebzeiten die Wahl seines Sohnes
Wenzel zum Nachfolger durch, uud was er mit dem Gesetze
zu Wege brachte, war nur enischiedncreÄuflöfung und Spaltung
des Reichs, Eifersucht auf Seiten der Stände, die sich zurückgesetzt
fühlten. Während er eine Anzahl kleinerer Fürsten, Luxemburg,
Mecklenburg, Barr, Jülich, Berg, durch Verleihung des Herzogs-
titels und des privilegiuin de- non evocando beruhigte, zog er
sich dagegen den ganzen Haß der Städte zu, die er fehr drückte
und deren Verbindungen in der Goldenen Bulle verboten wurden.
§ 135. Mit Glück und großem Geschick vermehrte Karl
die Macht seines Hauses. Ganz Schlesien und die Nieder-
lausitz wurden mit Böhmen vereinigt, auch die Mark Branden¬
burg erwarb er auf Grund einer Erbverbintung, die er mit den
letzten Markgrafen aus dem wittelsbachifchen Haufe, Ludwig dem
Römer (t 1365) und Otto dem Faulen, schloß, welche mit ihren