Die deutschen Einheit-bestrebungen und das neue Deutsche Reich. 257
Lüttich und Luxemburg zum Königreich der Niederlande ver¬
einigt), erhielt aber Tyrol, Salzburg, Vorarlberg und das Jnn-
viertel zurück und wurde außerdem durch die Wiedererwerbung
von Jllyrien (§ 240), Mailand und Venedig entschädigt.
Bayern erhielt außer Ansbach-Bayreuth Würzburg,
Aschaffenburg und die linksrheinische Pfalz.
Hannover wurde Königreich und erhielt Ostfriesland,
Hildesheim, Goslar; Hessen-Darmstadt Rheinhessen; Kur¬
hessen Fulda. Als Freie Städte blieben nur Hamburg,
Lübeck, Bremen und Frankfurt ct. M. bestehen.
§ 253. Die wichtigsten Ergebnisse dieser territorialen Neu¬
ordnungen bestanden außer in der Wiedererwerbung Schwedisch-
Pommerns für Deutschland in der Gestaltung Preußens zu
einem wesentlich deutschen Staat, dem durch seine Trennung in
zwei große Theile die schwierige Aufgabe zufiel, zugleich nach Westen
und Osten Deutschland zu schützen und für des gemeinsamen
Vaterlandes Gedeihen und Ehre allezeit wach und gerüstet zu sein.
Oesterreich dagegen, nur noch auf etwa 10 Mill. deutsch¬
redender Unterthanen beschränkt, erhielt seinen Schwerpunkt im
Osten, in seinen slavischen und italienischen Ländern, und mußte
fortan seine oberste Aufgabe in der Verschmelzung der ver¬
schiedenen Nationalitäten zu einem eigenartigen Staatsganzen
sehen. Da es aber aus Deutschland nicht ausschied, Preußen ihm
jetzt, nach Sprengung der alten Reichsverfassung, ebenbürtig zur
Seite stand, so verhinderte außer dem Souveränitätsdünkel der
ehemaligen Rheinbundsstaaten, besonders Bayerns und Württem¬
bergs, die Rivalität beider Großmächte eine befriedigende poli¬
tische Neugestaltung Deutschlands und ließ nur eine Stufe der
deutschen Entwickelung erreichen, die das gewünschte Ziel der¬
selben ins Ungewisse hinausschob. An Stelle eines kräftigen
deutschen Gesammtstaats kam so der Deutsche Bund, eine
lose Vereinigung souveräner Staaten, zu Stande, dessen Zweck
„die Erhaltung der äußeren und inneren Sicherheit Deutschlands
und der Unabhängigkeit und Unverletzbarkeit der deutschen
Staaten" war. Die Bundesacte wurde am 8. Juni 1815
unterzeichnet und zählt 38 Mitglieder auf (1817 kam Hessen-
Kentzler, Deutsche Geschichte. 17