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Gefahr aufzusuchen." Der König entgegnete freundlich: „Ich kann doch
nicht davon reiten, wenn meine brave Armee im Feuer
steht." Etwa gegen 4 Uhr hatten die Preußen den Sieg errungen.
Die Besetzung Hannovers. Auch in Hannover drangen die Preu¬
ßen ein; denn die Vereinigung der Bayern mit den Hannoveranern sollte
verhindert werden. Letztere erfochten bei Langensalza (in der Provinz Sachsen)
einen Sieg, mußten jedoch am Tage nach der Schlacht die Waffen strecken,
weil sie mit einem stärkern Angriff bedroht wurden.
Feldzug der Mainarmee. Süddeutschland wurde unterdessen von
einem kleinen preußischen Heere, der sogenannten „Mainarmee", bezwungen.
Unter Führung des Generals Vogel von Falkenstein verhinderte die Main¬
armee die Vereinigung der feindlichen Streitkräfte aus den andern Bundes¬
staaten. Nach verschiedenen Niederlagen in Bayern wünschte Süddeutschland
jedoch den Frieden, welcher nun auch geschlossen wurde.
Friede zu Prag. (23. August.) Als nach der Schlacht bei Königgrätz
die Preußen siegreich auf Wien losrückten, baten die Österreicher um Frieden,
welcher alsdann zu Prag abgeschlossen wurde. Preußen erhielt das Königreich
Hannover, das Kurfürstentum Hessen, das Herzogtum Nassau, die Stadt Frank¬
furt am Main und die Herzogtümer Schleswig-Holstein. Die Staaten
nördlich vom Main bildeten nun den norddeutschen Bnnd unter der
Leitung des Königs von Preußen. Teilweise nach Pierson und F. Schmidt.
47. Der deutsch-französische Krieg. 1870—1871.
Ursache des Krieges. Die Franzosen waren auf den Kriegsruhm
Preußens eifersüchtig. Da der Kaiser Napoleon III. es mit seinem Volke hielt,
brach er die Gelegenheit vom Zaune, um mit Preußen Krieg zu führen. Die
Spanier hatten dem Erbprinzen Leopold von Höh enzo llern die Königs¬
krone angeboten. Napoleon verlangte, daß der Prinz dieselbe ablehne. Als
solches nun auch geschah, wünschte der französische Kaiser außerdem noch, daß
König Wilhelm versprechen sollte, Prinz Leopold werde auch in Zukunft die
Krone nicht annehmen. Als diese Forderung zurückgewiesen wurde, erklärte
Napoleon an Preußen den Krieg.
Begeisterung des Volkes. Das ganze deutsche Volk stand jetzt auf wie
ein Mann und hielt treu zu Köuig Wilhelm. Überall hörte man singen: „Es braust
ein Rus wie Donnerhall, wie Schwertgeklirr und Wogenprall: Zum Rhein, zum
Rhein, zum deutschen Rhein! Wer will des Stromes Hüter sein? Lieb' Vaterland
magst ruhig sein, fest steht und treu die Wacht am Rhein!" Daher konnte der
König Wilhelm auch sagen: „Einig wie kaum jemals zuvor darf Deutschland in
seiner Einmütigkeit wie in seinem Recht die Bürgschaft finden, daß der Krieg ihm
den dauernden Frieden bringen und daß aus der blutigen Saat eine von Gott
gesegnete Ernte deutscher Freiheit und Einigkeit sprießen werde."
Deutschland rückt ins Feld. In wenigen Wochen zog die deutsche
Streitmacht gegen die Franzosen, und zwar die erste Armee unter Steinmetz
durch die Rheinprovinz, die zweite unter Friedrich Karl durch die Pfalz,
feie dritte Armee (preußische und süddeutsche Truppen) unter dem Kr on p rin-
zeu Friedrich Wilhelm durch Baden und Elsaß. Der greise König selbst, be¬
gleitet von Moltke und Bismarck, übernahm die Oberleitung. — Schon stand
Napoleon mit den zwei französischen Anneeen der Marschälle Mae Mahnn
und Bazaine (basähn) hart an der deutschen Grenze, bereit, im raschen Sieges¬
lauf nach Berlin zu gehen und den Frieden zu diktieren.
Die ersten Siege. Schon gleich im Anfange des Krieges erlitten die
Franzosen große Niederlagen. Der Kronprinz von Preußen erfocht bei
Weißenburg im Elsaß (am 4. August) den ersten Sieg. Seine Truppen