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Lied der Walküre. 
Froh sah ich dich aufblühn, du freudiger Held, 
Lang folgt’ ich dir schwebend und schweigend gesellt, 
Oft küßt' ich des Schlnmmemden Schläfe gelmd 
Und leise die Locken, die dir wehen im Wind. 
Hoch flog ich zu Häupten — du kanntest mich kaum — 
Durch die Wipfel der Wälder, dein Trost und dein Traum. 
Ich brach vor dem Bugspriet durch die Brandung dir Bahn, 
Vor dem Schiffe dir schwamm ich, weiß-schwingig, ein Schwan. 
-Ich zog^ dir zum Ziele den zischenden Pfeil, 
Aufriß ich das Roß dir, das gestrauchelt am Steil. 
Oft sing ich des Feindes geschwungenes Schwert, 
Lang hab' ich die Lanzen vom Leib dir gewehrt. 
Und nun, da die Norne den Tod dir verhängt, 
Hab' ich dir den schnellsten, den schönsten geschenkt. 
„Sieg!" riesest du selig, „Sieg, Sieg allerwärts!" 
Da lenkt ich die Lanze dir ins herrliche Herz. 
Du lächeltest lieblich — ich umfing dich im Fall — 
Ich küsse die Wunde — und nun auf: — nach „Walhall!" 
F. Dahn. 
b. Am Opferstein. Unsere Vorfahren verehrten ihre Götter 
in heiligen Hainen, auf Bergesspitzen oder an rauschenden Quellen. 
Dort standen die Opfer ft eine oder Altare. Die Umgebung des 
Altars war eingehegt und durch Wächter geschützt. An den Bäumen, 
die den Opferstein umstanden, hingen die Schädel der Opfertiere. 
Des Nachts, zur Zeit des Voll- und Neumondes, fand die Verehrung 
der Götter statt. Waren die Gau- oder Markgenofsen versammelt, 
so wurde das Feuer auf dem Altare angezündet, vom Priester 
das Opfertier geschlachtet, ein Teil des Fleisches verbrannt, das 
andere gekocht und verzehrt. Die ganze Nacht wurde dann im 
Dienste der Götter und beim Schmause zugebracht. Wodans 
Opsertier war das Pferd. Dem Donar opferten unsere Vorfahren 
Ochsen und Böcke und besprengten mit dem Blute derselben die 
Eiche, den geweihten Baum Donars. Hölzerne Hämmer und 
rothaarige Eichhörnchen wurden in das Feuer geworfen und glim¬ 
mende Scheite herausgezogen, um durch sie die Häuser vor Ge¬ 
witterschaden zu schützen. Dem Ziu aber wurden hier Kriegs¬ 
gefangene dargebracht und ihre Köpfe, gleich denen der Opfertiere, 
an die Bäume um den Altar genagelt. Am Opferstein erforschten 
Priester durch Loswerfen den Willen der Götter und verkündeten 
die Zukunft. Dabei bedienten sie sich der Runen. Auch aus dem 
Wehen des Windes, dem Wiehern des Pferdes, den Stimmen der 
Vogel wurde geweissagt. Es wurden Zauberformeln gesprochen. 
Die Zaubersprüche wurden auch zum Unheil der Menschen ver¬ 
wandt. Dfiy taten namentlich die Zauberer und Hagedissen oder Hexen.
	        
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