Australien. 73
dem Erdteile Nahrungspflanzen und Früchte, weshalb er auch nur eine geringe
Zahl von Einwohnern ernähren konnte und der Ackerbau unmöglich war: dagegen
gedeihen die eingeführten europäischen Getreidepflanzen und fast alle Arten von
Obst in trefflicher Weise. — Die Tierwelt ist so eigentümlich, daß sie eine
besondere Region in der Tiergeographie ausmacht. Die höheren Ordnungen der
Säugetiere fehlen ganz, so die Äffen, die großen Raubtiere, die Dickhäuter und
selbst die Wiederkäuer, was namentlich von großer Wichtigkeit ist; denn dadurch
war es den Bewohnern Australiens sogar versagt, wie die Nomadenvölker Vieh-
zucht zu treiben. Am stärksten vertreten sind hier die Kängurus, die auch
gejagt werden; seltsam sind ferner die Schnabeltiere. Wild oder halbgezähmt
ist der australische Hund, der Dingo, eine Geißel der Schafherden. Reichere
Entwicklung zeigt die Vogelwelt, hauptsächlich vertreten durch Papageien,
besonders Kakadus, und den Emu-Strauß. Die Pflanzen- und Tierwelt
Australiens unterscheidet sich wesentlich von jener der übrigen Kontinente, ein
Beweis dafür, daß der Erdteil seit langer Zeit von der Alten Welt losgelöst ist.
Die Europäer haben seit ihrer Niederlassung im Jahre 1788 mit dem besten
Erfolg ihre Haustiere eingeführt, so daß neben dem Bergbau die Viehzucht die
Hauptnahrungsquelle der Kolonisten bildet. Besonders großartig wird die Schaf-
zucht (100 Mill. Stück) betrieben, die freilich zeitweise durch Dürreperioden
starke Schädigung erleidet. ^) Wolle, Häute und Fleisch sind daher Haupt-
aussuhrprodukte Australiens.
Am bedeutsamsten für die Besudelung Australiens wurde — wie in Kali¬
fornien — die Entdeckung seiner Goldschätze i. I. 1851, besonders in den Blauen
Bergen, den Anstralalpen und in Westaustralien. Heute steht Australien unter
den goldproduzierenden Ländern der Erde mit Südafrika und Nordamerika an
erster Stellet) Gold zählt daher zu den wichtigsten Ausfuhrgegenständen. Außer-
dem besitzt der Erdteil Steinkohlenlager, Kupfererze und große Silberlager.
Bevölkerung. Die Gesamteinwohnerzahl des Kontinents beträgt (mit
Tasmanien) nur 4^ Mill.; die dichtestbewohnten Gebiete (20 bis 30 auf 1 qkm)
gehören infolge der günstigen Gliederung und Bewässerung, der ergiebigen Nieder-
schlüge und des Reichtums an Bodenerzeugnissen dem SO. an.
Die Urbewohner Australiens, die Australneger, von dunkelbrauner
bis schwärzlicher Hautfarbe, bilden eine besondere Menschenrasse. Sie sind trotz
guter geistiger Begabung wegen der Not des täglichen Lebens und der Ab-
geschlossenheit von jeglichem Verkehr auf sehr niedriger Gesittungsstufe stehen ge-
blieben; ihre Zahl ist iu rascher Abnahme begriffen. — Die Ansiedler sind
zum allergrößten Teil Briten; Deutsche (im ganzen 100000) sinden sich in
größerer Zahl fast nur in Queensland und Südaustralien. — In den Berg¬
werken arbeiten besonders Chinesen. »
Verkehrswesen. Die Verkehrsmittel zeigen eine stetige Zunahme. Der
Telegraph durchzieht Australien nach allen Richtungen. Der Überlandtelegraph
*) Die Herdenbesitzer (Schafbarone) heißen Squatters; sie bilden die Aristokratie der
australischen Gesellschaft.
2) Wert der gesamten Golderzeugung Australiens bis heute 8 Milliarden Mark.