In Spanien und Frankreich. 511
mit christlichen Ideen verwandten Erscheinungen in andern Religionssystemen zu gewinnen
und die Wahrheit des Christentums durch die Tatsche zu beweisen, daß seine wesentlichen
Lehren so alt als die Religion unter den Menschen selbst seien. Eine andere, mehr praktisch¬
apologetische Richtung verfolgte auf die nachdrücklichste Weise der kraftvolle Dominikaner Giro-
lamo Savonarola; glücklich, wenn er sich nicht in politische Pläne verstrickt und in
denselben das Leben verwirkt hätte!
Im Anfang des 16. Jahrhunderts
ragt unter den Freunden der huma¬
nistischen Studien Papst Leo X. her¬
vor, der Schüler des Angelus Polt-
tianus und Demetrios Chalkondylas
und der jüngere Freund des Pico
und Marsilius. Er war es, der den
Grafen A. Johannes Laskaris in
sein Vaterland zurücksandte, um Ma¬
nuskripte von Klassikern und grie¬
chischen Kirchenvätern zu kaufen, der
die talentvollsten Jünglinge Griechen¬
lands in großer Anzahl nach Italien
entlud, damit sie hier in ihrer Sprache
unterichteten, der um die Wissenschaft
verdiente Männer mit den reichlichsten
Pensionen unterstützte. Unter den vor¬
züglichsten Humanisten in Italien neh¬
men um diese Zeit noch die drei Kar¬
dinäle Sadoletti, Bischof von Car-
pentras, Contarini, venetianischer
Senator, und Pietro Bembo, der
Freund beider, eine bedeutende Stelle
ein, Männer von der reinsten Tugend
und ebenso erleuchteter als inniger
christlicher Erkenntnis, von welcher
die beiden ersten in mehreren, mit
großer Eleganz geschriebenen Werken
leuchtende Proben ablegten.
Richten wir von Italien unsere
Aufmerksamkeit auf Spanien und
Frankreich, so finden wir dort
Aelius Antonius Nebrissensis Kopf der Moses-Statue Michelangelos.
als den Wiederhersteller der klassischen
Literatur. Es ist derselbe, der von dem Kardinal Ximenes nach Alcalä als Professor der
schönen Wissenschaften berufen wurde, daselbst als ausgezeichneter Kenner des Hebräischen mit
mehreren Gelehrten an der Complutenfer Polyglotte arbeitete, die Geschichte Ferdinands des
Katholischen und Jsabellas schrieb und über schwierige biblische Stellen gründliche Kommen¬
tare bekannt machte. Von seinen Landsleuten nennen wir nur noch Juan Lnis Vives,
welcher mit dem Franzosen Guillaume Budäus und dem Niederländer Erasmus das