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Der Herzog von Bayern rückt in Österreich ein. Schlacht am weißen Berge.
nichtung des Hauses Habsburg abgesehen war, nahm auch Spanien am Kriege teil. Jakob I.
von England mißbilligte das Benehmen des Kurfürsten von der Pfalz, seines Schwieger¬
sohnes; in Frankreich wurde man bald selbst veranlaßt, wider die Hugenotten einzuschreiten,
und als nun die Union ihr Heer zusammenzog, gelang es dem Herzog von Bayern am
3. Juli 1620, den Anführer des unierten Heeres, Markgraf Joachim von Ansbach, welcher
sich kurz vorher gerühmt, seine Partei habe Mittel, die Welt umzustürzen, zu einem Separat--
vertrag zu vermögen, durch welchen die Union Böhmen preisgab. Schnell rückte nun der
Herzog von Bayern in das im vollsten Aufruhr befindliche Österreich ein, unterwarf
es und erzwang die Huldigung. Pfalzgraf Friedrich, der Winterkönig genannt, hatte das
Kommando seines Heeres statt Böhmen Deutschen übergeben, sein fanatischer Hofprediger
Seultetus den ealvinistischen Bildersturm in das uralte tschechische Heiligtum der St. Veitskirche
zu Prag übertragen und dasselbe verwüstet; kaum daß das Kruzifix auf der Pragerbrücke
vor Friedrich und seiner fanatischen Gemahlin Gnade fand. Die schwer gedrückten Katholiken
schöpften Hoffnung, als Herzog Max sich mit dem kaiserlichen General Bucquoi vereinigte,
eine böhmische Stadt nach der andern in die Hände des anrückenden Heeres fiel und dieses
endlich nicht ohne große Mühseligkeiten westlich von Prag am Fuße des weißen Berges
erschien. Hier erfolgte am Tage, als das Evangelium gelesen wurde: „Gebet Gott, was
Gottes, und dem Kaiser, was des Kaisers ist," der Angriff von seiten des vereinigten bayerisch¬
kaiserlichen Heeres auf die Schanzen des böhmisch-ungarischen (8. November 1620). Ein
Regiment Fußvolk war, verfolgt von einem Kürassier-Regiment ins Weichen gekommen. Blitz¬
ähnlich drang, von bloß vier Kometen gefolgt, der 21 jährige Anhalt in dasselbe ein; er
sank verwundet vom Pferde. Das Gefecht wankte eine halbe Stunde. Da wandten sich die
rückwärts stehenden Ungarn zur Flucht und rissen die deutschen Reiter und mit diesen einen
Teil des Fußvolkes mit sich fort. Das Regiment des Grafen Thnrn, ebenso die Regimenter
Hohenlohe und Solms stoben auseinander; bloß die Mähren hielten stand. Ein großer Teil
wurde zusammengehauen; mit einbrechender Nacht konnten die Verbündeten den vollständigsten
Sieg feiern. Bloß eine Stunde hatte der Kampf gedauert. War es Verzagtheit, Treulosig¬
keit oder der Anblick der Streithaufen Tillys, die der Karmelit Dominikus a Jesu mit er¬
hobenem Kreuze anfeuerte, wodurch bie Auflösung der Feinde herbeigeführt wurde? Schon
war der bayerische Feldherr Tilly im Anzug und der Winterkönig tafelte noch. Ein panischer
Schrecken überfiel ihn. Statt Prag zu verteidigen, floh er übereilt mit Hinterlassung der
Krone.
Er wagte es nicht, sein Geschick der Hauptstadt anzuvertrauen; Prag kapitulierte und
Tilly, der die Schlacht geleitet, führte nun den siegreichen Herzog nnd das Heer in die be¬
zwungene Stadt. Man ließ den Rädelsführern des Aufstandes Zeit, sich zu flüchten, aber
die übrigen wurden vor Gericht gestellt und mit zitternder Hand, Tränen im Auge, unter¬
schrieb Ferdinand das Todesurteil über 28, meist vormalige Direktoren, milderte dabei das
lebendige Vierteilen dreier aus dem Herrenstande und des Dr. Jessenins und verwandelte
bei zwölf andern die Todesstrafe in lebenslängliches oder zeitweiliges Gefängnis und andere
Bußen. Die protestantischen Prediger zu Prag, welche den Aufstand angefacht, wurden ver¬
trieben, die Jesuiten wieder eingeführt und allmählich auch in den andern Städten und ans
dem stachen Laude das gleiche Verfahren beobachtet. Der Majestätsbrief wurde beseitigt, die
katholische Religion wieder hergestellt, böhmische Herren und Ritter verloren einen Teil ihrer
Güter; die Frage, ob das Reich ein Wahl- oder Erbreich sei, dadurch gelöst, daß Kaiser-
Ferdinand seinen gleichnamigen Sohn znm Nachfolger ernannte. Die Lausitz wurde (1622)
dem Kurfürsten von Sachsen abgetreten, Mähren wie Schlesien war schon 1620 unterworfen,