258
Karls drei Parlamente. Die Petition of right.
bewunderungswürdiger Geschicklichkeit, Kaltblütigkeit und Ausdauer gespielt. Große Staats¬
männer, welche in die Vergangenheit und in die Znkunft blickten, befanden sich an der Spitze
der Versammlung. Sie war entschlossen, den König in eine solche Lage zu versetzen, daß
er entweder in Übereinstimmung mit den Wünschen des Parlaments regieren oder gewaltsame
Angriffe auf die Verfassung machen mußte; sie bewilligte deshalb eine sehr spärliche Unter¬
stützung an Geld. Nun löste Karl sein erstes Parlament auf uud erhob Steuern auf
eigene Autorität. Danach berief er ein zweites Parlament uud faud es unbeugsamer
als das erste. Er ergriff wiederum das Mittel der Auflösung, erhob neue Steuern
ohne irgend einen Schein eines gesetzmäßigen Rechtes und wars die Häupter der Opposition
ins Gefängnis. Um dieselbe Zeit erregte eine neue Beschwerde, welche die besonderen Ge¬
fühle und Gewohnheiten des englischen Volkes bis zur Unerträglichkeit beleidigte und jedem
urteilsfähigen Manne als gefährliches Vorzeichen erschien, allgemeine Unruhe. Kompagnien
von Soldaten wurden beim Volke einquartiert und das
Kriegsrecht an die Stelle des alten Rechts des König¬
reiches gesetzt.
Der König berief ein drittes Parlament und
mußte bald erfahren, daß die Opposition stärker und
heftiger war als jemals. Er beschloß jetzt, seine Taktik
zu ändern. Anstatt einen unbeugsamen Widerstand den
Forderungen der Gemeinen entgegenzusetzen, ließ er sich
nach vielem Streit und manchen Ausflüchten auf einen
Vergleich ein, welcher eine lange Reihe von Kalamitäten
beseitigt haben würde, wenn er ihn treu gehalten hätte.
Das Parlament bewilligte eine große Unterstützung; der
König bestätigte in der feierlichsten Weise das berühmte
Gesetz, welches unter den Namen der »Petition of
Right« bekannt und die zweite große Charte der Frei¬
heiten von England ist. Durch Bestätigung dieses Ge¬
setzes verpflichtete er sich, niemals wieder Geld zu erheben
ohne Einwilligung des Hauses, niemals wieder jemand
einkerkern zu lassen, es sei denn nach dem gewöhnlichen
Laufe des Gesetzes, und niemals wieder sein Volk der
Jurisdiktion von Kriegsgerichten zu unterwerfen. Der Tag, an welchem die königliche
Sanktion dieser großen Akte feierlich vollzogen wurde, war ein Tag allgemeiner Freude und
Hoffnung. Aber schon in drei Wochen wurde es offenbar, daß Karl nicht die Absicht
hegte, den Vertrag zu halten, den er geschlossen Hatte. Das Geld, welches die Vertreter der
Nation bewilligt hatten, wurde erhoben, das Versprechen, durch welches die Bewilligung
erlangt war, gebrochen. Es folgte ein Heftiger Kampf. Das Parlament ward unter
allen Zeichen der königlichen Ungnade aufgelöst; einige der ausgezeichnetsten Mitglieder wurden
ins Gefängnis geworfen uud einer derselben, Sir John Elliot, starb nach yahren der
Trübsal im Kerker. .
Indes wagte Kart nicht, aus seine eigene Autorität die für die Fortführung des Krieges
erforderlichen Abgaben zu erheben; er beeilte sich daher, Frieden mit feinen Nachbarn zu
schließen, und befaßte sich von jetzt an nur mit der innern Politik.
Nun begann eine neue Ära. Viele englische Könige hatten gelegentlich verfassungs¬
widrige Handlungen vorgenommen, aber keiner hatte es jemals systemastisch versucht, sich
Karl l., König von England.
Reproduktion des Stiches von
B. PicarU nach Ant. van Dyck.